Kolumn

Alte Sorten

„Die alten Apfelsorten von Früher haben viel besser geschmeckt als das heutige Einheitssortiment!“ Immer wieder müssen sich Sortenzüchter und Verkäufer diese Aussagen von Kunden anhören. Da uns dies selbst auch interessierte und wir immer offen für Anregungen unserer Kunden waren, machten wir die Probe aufs Exempel. Bei der größten Publikums-Messe einer großen Stadt in Österreich organisierten wir mit professioneller Unterstützung die größte Blindverkostung von Apfelsorten. Weit über 1.000 Teilnehmer gaben ihr Urteil ab.

Ananasreinette
Foto: Thomas Rühmer, Haidegg (Ananasreinette)

Wir stellten im Herbst nach der Ernte 10 Apfelsorten zur Verfügung, je 5 gängige und bekannte  „alte“ Sorten und die 5 wichtigsten Sorten aus dem heute gängigen LEH-Sortiment. Experten achteten darauf, dass keine der Chargen unreif oder überreif war. Unvoreingenommene „Verkostungsdamen“ zerteilten die Äpfel mit dem Apfelteiler und brachten sie zur Verkostung. Konkret eine Sorte mit Namen erkannte sowieso keiner der Teilnehmer. Sortenkunde ist aus der Allgemeinbildung der Konsumenten derzeit komplett verschwunden.

Mit großer Spannung haben wir auf die Auswertung der Blindverkostung gewartet. Das Ergebnis war mehr als eindeutig: alle „alten“ Sorten sind mit Bomben und Granaten durchgefallen! Als Gründe wurde angegeben, dass diese Sorten entweder eine zu dicke Schale haben, dass sie zu viele Gerbstoffe/Tannine enthalten die den Geschmack stören, dass sie ein unharmonisches Zucker/Säure-Verhältnis mit zu viel Säure haben, das Fruchtfleisch ist zu grobzellig und das stört am Gaumen. Dies waren die wichtigsten Argumente. Nur ganz vereinzelt standen Bemerkungen dabei wie: das ist ein Geschmack wie früher bei der Oma.

Somit ist die umfangreichste Apfel-Blindverkostung in der jüngeren Geschichte ganz eindeutig ausgegangen. In einer Nachbetrachtung mit Experten lieferten uns diese die Erklärung dazu.

Jeder Mensch wird in seiner Sozialisierung auch in bestimmte Geschmacksrichtungen konditioniert.

Mit einfachen Worten: Der Geschmack, den wir „erlernen“, der gefällt uns auch zukünftig. Das heißt bei  den Äpfeln: sie sind Knackig, haben ein „harmonisches“ Verhältnis von Zucker und verhaltener Säure, eine dünne und unauffällige Schale die fein bricht, wenig Gerbstoffe und ein feinzelliges Fruchtfleisch. So sind die „neuen“ Sorten selektiert. Daher haben sie sich am Markt durchgesetzt.

Dass in der Branche mit hervorragenden Sorten teilweise unverantwortlich umgegangen wird, dies ist bekannt. Unreife, unterentwickelte oder auf der anderen Seite überreife und mehlige Früchte erzählen eine andere Geschichte.

 

Fritz Prem