Pflanzenschutz ist eine Methode, um Nutzpflanzen vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen oder zu heilen. Die Wissenschaft um die Heilkunde ist so alt wie das Leben auf dieser Welt. Jedes Lebewesen hat einen sogenannten eigenen „Reparatur-Mechanismus“ für sich entwickelt, um gegen Krankheit und Schaden gewappnet zu sein.
Die Agrarwissenschaften haben mit der Entwicklung der synthetischen Chemie solche „Schutz- und Reparaturmechanismen“ nachgebildet. Wir diskutieren heute im Bereich Produktsicherheit sehr umfangreich darüber, wie viele Reste und Metaboliten von diesen synthetischen Pflanzenschutzstoffen auf den essbaren Lebensmitteln drauf oder drinnen sein dürfen.
Mit meinem Einstieg in die biologische Obstproduktion waren nicht nur die Wirkung, sondern auch die Wirkungsweise der in der Bioproduktion erlaubten bzw. alternativen Betriebsmittel zu erlernen.
Darüber hinaus hat sich insgesamt eine Welt zu neuen Strömungen und Philosophien eröffnet. Es ist eine große Herausforderung, als naturwissenschaftlich gebildeter Mensch so manche alternative Methode nach zu vollziehen. Je mehr man hinterfragt, desto mehr neue Welten tun sich auf. Es gibt aber auf diesem Wege auch viele Orientierungshilfen, die beim Weg durch dieses Dickicht behilflich sind.
Eine dieser Orientierungshilfen war ein längeres und sehr angeregtes Gespräch mit dem Institutsvorstand der pharmazeutischen Fakultät einer großen Universität. Das persönliche Fachgebiet des Vorstandes sind die Heilkräuter. Was da an universitärem Wissen vorhanden ist, ist unbeschreiblich.
Eine Passage des Gespräches hat mich aufgewühlt. Die Magnifizienz erklärte uns, dass man heute bei Medikamenten einzelne Wirkstoffe von „Heilpflanzen“ isoliert oder nachbaut, um einen Heilungserfolg zu erzielen. Das Problem dabei ist, dass Schadorganismen bei isolierten Wirkstoffen oft nur ein paar Jahre brauchen, um die Schutz- oder Heilwirkung eines einzelnen Wirkstoffes zu „knacken“ und somit eine Resistenz dagegen entwickeln. Darin gibt es kaum einen Unterschied zwischen einem isolierten „Naturwirkstoff“ und einem synthetisch nachgebauten Produkt.
Einzig die natürlich „gewachsene“ Kombination von Wirkstoffen in einer „Heilpflanze“ stützt sich gegenseitig so ab, dass es Schadorganismen seit mehr als 10.000 Jahren nicht gelungen ist, den heilenden Mechanismus zu „knacken“. Nur der Wirkungsgrad ist nicht immer mit Sicherheit reproduzierbar.
Ich bin aus diesem Gespräch mit einem neuen Wissen herausgegangen. In der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion haben wir aufbauend auf das bisherige Wissen noch stärker Gesamtstrategien zu entwickeln und nicht nur „knock-out“-Strategien für einzelne Probleme.
Prem 35/2015