Kolumn

Aufbruchstimmung aus der Talsohle

In Mitteleuropa hatten die Produzenten von Obst in den letzten Jahren bei Gott keine leichte Situation. Einzelne Regionen waren mehrere Jahre hintereinander von Blütenfrösten und massiven Ertragseinbussen betroffen. Dazu kamen durch den Klimawandel massive Wetterereignisse wie Hagel, Starkregen und längere Dürrephasen. Verwerfungen am Markt haben Verunsicherungen ausgelöst und keine Kosten deckenden Erlöse ermöglicht.

Ich habe mir für Entscheidungen über einen langen Zeitraum Parameter gesucht, um zwischen alltäglicher Jammerei von Bauern und echter Not unterscheiden zu können.

Wen es Obstbauern über einen längeren Zeitraum wirtschaftlich schlecht geht, dann werden Investitionen eingeschränkt. Maschinen werden um ein oder zwei Jahre länger genutzt, bis eine neue Maschine angeschafft wird. Anlagen werden ebenfalls um ein, zwei oder drei Jahre länger genutzt als es in guten Zeiten üblich ist.

All das kann man aus den Jahresberichten der Buchhaltungsgesellschaften erfahren. Ebenso aufschlussreich sind Veröffentlichungen über die Umstellungsraten der Ertragsanlagen bei den einzelnen Erzeugerorganisationen. Im Normalfall sollten es fünf bis sieben Prozent jährlich sein.

Ein viel einfacheres Sensorium gab es bisher für mich. Wenn die Baumschulen schon früh ausverkauft waren und es im Spätherbst nicht einmal mehr kleine Chargen an Pflanzmaterial gab, dann war dies ein klares Zeichen.

Und wenn Fendt Händler keine besonderen Rabatte gaben und eine mehrmonatige Lieferzeit für ihre Traktoren hatten, dann war dies ebenfalls ein klares Zeichen.

Da ich auch selbst einen Produktionsbetrieb habe, waren für meine Antworten als Entscheidungsträger im Vermarktungsbereich immer objektive Entscheidungsgrundlagen wichtig.

Die letzten beiden Beispiele waren immer sehr treffsicher.

Nach all den schwierigen Jahren merke ich jetzt den Beginn einer großen Aufbruchstimmung bei den Obstproduzenten, die Talsohle scheint durchschritten zu sein.

Investitionen im größeren Umfang sind in Planung oder Projekte dazu sind angelaufen. Erstaunlich viele Flächen werden in naher Zukunft mit Kulturschutz wie Frostberegnung oder Hagelnetz ausgestattet werden.

Hehre Ziele wie ein Versorgen von fünfzig Prozent der Flächen mit Frostberegnung (bei derzeit einem einstelligen Prozentbereich) oder ein Erreichen von über 90% Eindeckung mit Hagelschutznetzen sind im Anlaufen. Auch Behörden mit ihren Genehmigungsverfahren legen bei den Verfahren bereits einen Gang zu.

Die Not hat einen Innovations- und Energieschub ausgelöst. Das bringt wieder Zuversicht in die Branche.


Fritz Prem