Der Begriff „das große Bauernsterben“ ist wiederum ein beliebter Stehsatz bei vielen Biertisch-Diskussionen geworden.
Wenn wir die Statistiken bemühen, dann sehen wir, dass sich die Zahl der aktiven Bauern tatsächlich stark verringert hat.
Kein Bauer kann mit einer Bilderbuch-Idylle von fünf Kühen, einem Pferd, drei Schweinen, zehn Hühnern und ein paar Apfelbäumen hinter dem Haus ein Familieneinkommen erwirtschaften. Vor allem dann nicht, wenn alternative Einkommensmöglichkeiten in Industrie, Handel und Gewerbe gegeben sind.
Es wurden in solchen Fällen dann die bestehenden Flächen extensiviert oder an einen Nachbarn verpachtet. Dies erklärt auch die Daten in fast allen Statistiken, dass die halbe Anzahl an Bauern die gleichen Mengen oder teilweise durch den Produktivitätsfortschritt auch etwas mehr produzieren.
Strukturwandel
Die Wissenschaft nennt dies Strukturwandel. Der eine verdient sein Einkommen ausserlandwirtschaftlich, der andere wird ein bäuerlicher Unternehmer. Mit der Zunahme der Flächen je Betrieb wird die Produktion marktorientierter.
In dieser Entwicklung gibt es zwei Richtungen. Bei der einen Richtung ist es so, dass der Lebensmittelhandel den Produzenten vorerst einmal an die Wand drückt, um aus zu loten, ob der Produzent wirklich zu den günstigsten Kosten produziert und damit einen günstigen Preis anbietet.
In diesem Falle muss der Produzent Kosten senken, in dem er Tiereinheiten erhöht, Flächen mit mehr Dünger und Pflanzenschutz effektiver macht und eventuell bei Produktionsmethoden hart an die Grenze der gesetzlichen Möglichkeiten geht.
Ergebnis meist ein Massenprodukt
Heraus kommt ein Massenprodukt, das in der Tat kostengünstig ist. Eigentlich wollen die Konsumenten aber gar kein „Massenprodukt“. Somit ist es Aufgabe des Marketings, ein ursprüngliches Massenprodukt mit Sympathien und Glanz und Glorie zu etwas besonderem auf zu motzen - bis der Konsument dahinter kommt.
Die andere Richtung ist dann der Ruf nach dem Gesetzgeber. Er muss die Grundwasserverordnung nach schärfen, Tierwohlstandards einführen, Risikobeurteilungen neu schreiben, Umweltverträglichkeitsprüfungen aufstellen, gesetzliche Fairnessregeln erlassen und vieles mehr. Er hat das zu regulieren, wozu die Wertschöpfungskette selbst nicht in der Lage war.
Mit jeder neuen Auflage verabschieden sich wiederum Bauern aus der aktiven Produktion und das Spiel geht weiter.
Aber langfristig werden wir um eine alte Spielregel am Markt nicht herum kommen: Wer etwas bestellt, der hat die Rechnung dafür zu bezahlen.
Fritz Prem