In einer bekannten Manufaktur für Speiseeis erhielt vor etwa 6 Jahren ein neuer Geschäftsführer die Chance, diesen Familienbetrieb in neue Höhen zu führen. Er war ein sogenannter Quereinsteiger. Mit großem Eifer machte er sich daran, eine neue Linie für Speiseeis zu entwickeln um damit den regionalen Speiseeismarkt neben der Eiscreme aus dem Supermarkt komplett neu auf zu rollen. Er wusste, dass ihm die Betriebsblindheit der bisherigen Mitbewerber nicht anhaftete. Somit ging er mit Tatkraft daran, die neuesten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaftler in seine neueste Kreation ein zu bauen. Möglichst wenig Fett lag im Trend der neuesten Ernährungs-Erkenntnisse, ebenso eine eindeutige Empfehlung für möglichst sparsamen Umgang mit Industriezucker. Es entstand ein „Tüteneis der neuen Generation“, etwas einzigartiges.
Nach sechs Wochen, die Hauptumsatzzeit für dieses Produkt war gelaufen, die ernüchternde Bilanz:
Ein Ladenhüter quälte sich durch die Eismaschine. Die Erkenntnis des guten Mannes: genießen hat nicht immer mit körperlicher Gesundheit zu tun. Genießen ist ein Akt, der gut ist für die Seele. Eine zufriedene Seele hat die Kraft, die man für den Alltag braucht.
Sie haben es erraten: die nachfolgende Serie an Speiseeis von diesem Hersteller hatte „ausreichend“ Zucker und genügend Fett, um richtig cremig zu sein.
Wo stehen wir mit unserer Mentalität im Obst- und Gemüsehandel bei diesem Thema? Sinngemäß herrscht quer durch die Branche die Meinung vor: unser Obst und Gemüse ist von Haus aus gesund!
Der gute Geschmack, über den man natürlich immer vortrefflich streiten kann, ist momentan in der Prioritätenliste ein wenig nach hinten gerutscht. Obst- und Gemüsesorten müssen ertragreich und einfacher in der Pflege sein, sie müssen gut lagerfähig und manipulierbar sein, sie dürfen wenig Ausfälle am Weg von der Produktion zum Kunden verursachen. Wenn sie auch noch gut aussehen, dann ist der Großteil der Anforderungen anscheinend erfüllt.
Die alten Füchse in der Branche werden sich noch an das frühere Fiasko der „holländischen Tomaten“ erinnern. Die hatten alles, nur keinen Geschmack. Seit die produzierten Tomaten wieder einen typischen Geschmack haben, stieg der Konsum über Jahre hinweg überdurchschnittlich an.
Dies ist für mich in warnender Erinnerung, wenn ich regelmäßig meine „Store-Check-Runde“ durch die Läden der wichtigsten Anbieter von Lebensmittel mache.
Fritz Prem