Wieder einmal flammt eine alte Diskussion auf. Was ist dem Konsumenten wichtig für seine Kaufentscheidung?
Ist es ein Bio-Produkt mit all seinen zusätzlichen Produktionsauflagen und dem dichten Kontrollnetz mit all dem dazugehörigen „Papierkram“? Oder ist es das Gesicht der Bäuerin oder des Bauern, der dieses Lebensmittel produziert hat?
Entstanden ist diese Diskussion am Rande einer Neuordnung der diversen Zertifizierungen in einem größeren Bio-Betrieb, der auf seinem Betrieb sieben verschiedene Zertifizierungen (und Audits) zu koordinieren hatte und dabei auch die jährliche Kostensituation dazu analysiert hat.
Die Kosten und der Aufwand sind dabei in den letzten Jahren bei Bio förmlich explodiert. Einschließlich der betriebsinternen Qualitätssicherung und dem in der Gruppe organisierten Rückstandsmonitoring ergibt dies das sicherste Lebensmittel, dass es derzeit am Markt gibt. Nirgend wo anders ist der Kontrollmechanismus in der Produktion so angelegt.
Wenn wir uns im Gegensatz dazu die Auslobung Regionalität ansehen, so ist diese auf der emotionalen Ebene angesiedelt. Ich kenne vielleicht (oder auch nicht) den Bauern und verlasse mich auf seine Vertrauenswürdigkeit. Als Konsument vertraue ich darauf, dass er nachhaltig produziert. Auf welchem Niveau diese Nachhaltigkeit liegt (nur zusätzliche Steine-Haufen und Nistkästen oder auf Basis echter Biodiversität) ist nicht so im Blickfeld.
In erster Linie sind es Marketing-Experten, die das „Gefühl“ Regionalität aus gestalten und transportieren. Daher hat fast jede Handelsmarke als Beiwerk Regionalität in irgend einer Form mit dabei. Ein Mehrwert in der Produktsicherheit muss nicht mit geliefert werden. Es reicht wenn es aus der Region kommt.
Für Marktanalysten wird es mit dieser Betrachtungsweise spannend. Wo führt die Erfolgsgeschichte in der Vermarktung weiter?
Ist es vorwiegend das gute Gefühl, die Region zu stärken? Dies ohne zusätzliche Anforderung an besondere Sicherheiten und standardisierte Qualitätsnormen. Das Produkt ergänzt den touristischen Hintergrund der Region. Die Frage für die Strategen hinter dieser Erfolgsgeschichte ist es, ob es längerfristig ausreicht, um die Qualitäts- und Sicherheitsstandards ausreichend voran zu treiben.
Die Frage für die Strategen in der Bio-Branche ist, ob es ausreicht, noch bessere Kontroll-, Qualitäts-, Sicherheits- und Auflagenstandards ein zu führen. Ob sich dann das sicherste und bestkontrollierte Lebensmittel in der Branche in die Herzen der Konsumenten einnistet. Oder ob es einfach zur Kenntnis genommen wird wie ein steril wirkendes Gesundheitsprodukt.
Fritz Prem