Kolumn

Corona – die Zeit danach

Die gesamte Branche ist gefordert, ordnungsgemäß alle Bestellungen ab zu wickeln. Die Bauern organisieren Saisonarbeitskräfte, um die fehlenden Erntehelfer aus dem Osten Europas zu ersetzen. Noch halten alle Dämme.

Während die operativen Kräfte voll im Tagesgeschäft gefordert sind, wird in den „Denkfabriken“ schon über die Zeit nach Corona nach gedacht. Eines ist klar – nichts wird mehr so sein wie vorher.

Selbstversorgungsgrad hat neue Bedeutung

Neben der Selbstversorgung im Pharma-Bereich werden unter anderem die weltweiten Lebensmittel-Handelsströme neu betrachtet. Selbstversorgungsgrad und vor allem regionale Vorräte an Lebensmittel werden eine neue Dimension in der Strategie bekommen.

Es gibt sie aber immer noch – die mental-verkalten Entscheidungsträger im Lebensmittelhandel. Sie glauben, mit Rabatt-Schlachten jetzt den einen oder anderen Marktanteil zu holen. Diese bisherigen Schlüssel-Positionen im LEH werden demnächst zum alten Eisen gehören.

Spannend wird sie allemal – die Zeit nach Corona. Wie mir ein Investmentbanker vor einigen Tagen erklärte, dass die Starken aus einer Krise gestärkt hervorgehen und die Unbeweglichen „übrig“ bleiben – genau so wird es in unserer Branche sein. Denkmodelle dazu sind manchmal schmerzhaft.

Chance für den Lebensmittelbereich

Die Chance für den Lebensmittelbereich nach dieser Krise in einem neuen Modus zu wirtschaften, ist riesengroß.

Das emotionale Empfinden der Konsumenten beim Wert der gesicherten Ernährung ist stark wie nie zuvor. Es gibt dazu auch einen sehr realen Zugang. Ich lade sie ein, darüber nach zu denken.

Das durchschnittlich monatlich verfügbare Familieneinkommen beträgt derzeit netto etwas über € 2.500,-. Wenn wir in naher Zukunft eine erhöhte Arbeitslosigkeit und eine Zeit mit einrechnen, bis sich der Arbeitsmarkt wieder entspannt, so sind es immerhin deutlich über € 2.000 – jedes Monat.

Verschiebung im Haushaltseinkommen

Wenn wir nachsehen, wofür dieses Geld bisher ausgegeben wurde: Wohnung 29%, Mobilität 17%, Lebensmittel (inkl. Außer-Haus) 16%, Freizeit 13%…..

In Zeiten von Corona-Maßnahmen ist dieses Verhältnis komplett auf den Kopf gestellt.

Was hindert uns daran, für die Zeit nach den Corona-Maßnahmen den einen oder anderen Prozentpunkt vom Haushaltseinkommen in den Lebensmittelsektor mit hinüber zu nehmen. Die positive Assoziation  für gute Lebensmittel hätte keine noch so ausgefeilte Marketing-Kampagne  schaffen können – bei aller Dramatik.

Wenn wir das wollen, dann sollten wir bei den ersten Anzeichen dagegen die Schwachstellen unter Quarantäne stellen.

Fritz Prem