Kolumn

Der López-Effekt

Im Jahre 1993 kam ein gewisser Herr López neu ins Management von Volkswagen in Deutschland und revolutionierte den Einkauf des Konzerns. Er spielte die Machtposition des Konzerns gegenüber den Zulieferern gnadenlos aus. Ein Teil der langjährigen Zulieferer wurde in den Ruin getrieben, den übrigen wurde vorgeschrieben, in welchen Schritten sie ihren Produktivitätszuwachs beim Kunden ab zu liefern haben. Ein Wertewandel hat stattgefunden. Also alles schon einmal da gewesen.

Jüngere Absolventen von Wirtschaftsunis haben den Begriff „López-Effekt“ bereits in der Theorie gelernt. Das unrühmliche Ende des Herrn López einmal beiseite, so hatte dieser knallharte Kostensparkurs zur Folge, dass bei den bis dahin für ihre Qualität berühmten Autos ein Qualitätsknick entstand – eben durch den bekannten „López-Effekt“.

Wenn ich mich in unserer Branche umsehe, dann habe ich den einen oder anderen López-ähnlichen Effekt auch schon mit verfolgt. Da war ein großer, europaweit tätiger Kunde im Lebensmittelhandel. Er hat durch einen Zentraleinkauf für ganz Europa versucht, das beste Obst und Gemüse für seine Filialen zum allerbilligsten Preis irgendwo in Europa oder auf der ganzen Welt ein zu kaufen. Er war in den Preisverhandlungen knallhart. Er hatte damit gute Qualität zu einem sehr günstigen Preis im Regal. Trotzdem war es ein Produkt, das der Konsument nicht so recht angenommen hat. In der Entwicklung der Umsatzzahlen konnte man dies nachlesen. Der Einkauf hatte einen Punkt übersehen: die Regionalität war in der Zwischenzeit bei den Frischeprodukten eine entscheidende emotionale Aufladung geworden. Der beschriebene Konzern hat die Kurve noch rechtzeitig herum bekommen.

Eines der weiteren Beispiele ist die Schulobst-Versorgung in Italien. Es wurde für größere Regionen die Belieferung über eine öffentliche Ausschreibung an den Bestbieter vergeben. Irgendwann muss ein Lieferant, der zu einem relativ niedrigen Preis den Zuschlag erhielt, seine Qualität an den Preis anpassen. So ist es, dass mit zunehmender Zeit „Mensa-ähnliche“ Qualitäten geliefert werden. Zwar billig, aber nicht unbedingt eine Motivation für Schulkinder, um sich damit ein gesundes Verhalten in der Ernährung an zu trainieren.

Teuer muss nicht immer gut sein. Aber billig auf Dauer muss in der Qualität zweifelhaft sein. Geiz ist in dem Fall nicht geil, sondern dumm!

Prem 48/2015