Kolumn

Die Beute(l) – Macher

Ganze Abteilungen im Vertrieb und im Marketing beschäftigen sich mit Alternativen zu Plastik in der  Verpackung. Viele Versuche Kunststoff durch Pseudo-Kunststoff zu ersetzen laufen irgendwie ins Leere.

Es scheint aber so, dass während dieser ganzen Entwicklung ein Marktteilnehmer fast unbeachtet  von der ganzen Anti-Kunststoff-Hype ein richtiger Beute-Macher war.

Er war ein relativ unaufgeregter Beutel-Füller. Er hat eine schöne, aber nicht ganz perfekte Bio-Ware in einer Haushaltsmenge in einen Plastik-Beutel gefüllt. Der Plastik-Beutel war einfach und entsprach den gesetzlichen Vorgaben.

Mitten in der heißen Phase der Anti-Plastik-Diskussion schoss er damit den Vogel ab. Er holte sich in den folgenden vier Monaten einen Marktanteil nach dem anderen vom konventionellen Segment. Der Plastik-Beutel mit den Bioäpfeln war teurer als ein Plastik-Beutel mit konventionellen Äpfeln.

Es ist ihm damit gelungen, in den ersten vier Monaten dieses Jahres von den stärksten Mitbewerbern, die keinen Plastik-Beutel mit Bioäpfeln im Programm hatten, so viel Bio-Umsatz zu holen, dass er allein mehr als die Hälfte aller vermarkteten Bioäpfel des ganzen Landes über seine Registrierkassen zog.

Aber alles der Reihe nach. Ein Diskonter und sein Anbieter trauten sich gemeinsam mitten in der heißen Phase der Anti-Plastikdiskussion drüber. Sie positionierten ein neues Produkt: Bioäpfel in Eins-b-Qualität in Haushaltsmengen. In Ermangelung einer besseren Alternative eben im Plastik-Beutel. Sie holten sich damit aus dem Tragtaschensegment und nicht von einem anderen Bio-Segment die Marktanteile. Eine große Erfolgsgeschichte – dies müssen Mitbewerber neidlos anerkennen.

Die großen Mitbewerber suchen jetzt noch nach der perfekten Lösung. Deren Vertrieb will Bio-Äpfel in Haushaltsmengen - in Eins-b-Qualität, damit er wieder Aktionen bis zum Umfallen fahren kann. Das Marketing gibt die eingebrachten Vorschläge nicht frei, da man damit möglicherweise die  mühsam aufgebaute Corporate Identity um die bestehende Biomarke herum ankratzen könnte. Wenn schon etwas Neues, dann muss alles passen.

So verging Monat für Monat, der Bio-affine Diskonter ist in der Zwischenzeit allen um die Ohren gefahren.

Ein Vortragender in der Unternehmerschule, der uns die ungeschriebenen Spielregeln des Marktes näher brachte, erklärte: wenn eure Kollegen darüber nachdenken und diskutieren, ob das Schwein zum Schlachten schon schwer genug ist, dann muss es bei euch schon in der Vorratskammer hängen. So ist es.

Fritz Prem