Erntezeit ist eine arbeitsintensive Zeitphase. Alles will gut vor geplant und eingeteilt sein, alles soll wie ein Uhrwerk ablaufen. Dann kommt noch das Erntewetter dazu, das leider nicht immer im Vorhinein zu planen ist. Aber wem erzähle ich dies, viele Leser dieser Kolumne könnten wahrscheinlich selbst ein Buch darüber schreiben.
Wenn in unserem Kulturkreis das Erntedankfest seinen fixen Platz im Jahreslauf hat, so ist das gut so. Pädagogen und Berater, die das Wissen der Technologen und Betriebswirte an die Produktion weitertragen, sind die Grundlagen. Dieses Wissen gepaart mit der langjährigen Erfahrung eines Lebensmittelerzeugers sind die wesentlichen Zutaten für den Erfolg einer guten Ernte.
Aber sind wir einmal ehrlich zu uns selbst. Nicht jeder Erfolg lässt sich bis ins Detail planen, um alle Unwägbarkeiten aus zu schließen. Jede Vollautomatik in der Kulturführung, jedes noch so perfekte Saatgut und Pflanzmaterial, jeder noch so perfekt aufbereitete Boden und die dazu gehörige Nährstoffversorgung, jedes Absichern von kalkulierbarem Risiko schließt ein Restrisiko für den Erfolg nicht aus.
In dieser Phase treten die Philosophen auf den Plan. Misserfolg und Gelingen können so nah beieinander liegen. Vor allem dann, wenn der Einsatz hoch ist und damit das Restrisiko größer wird.
Wir finden für dieses Wechselspiel in unserem Sprachschatz das Wort Glück – Glück haben oder vom Glück verlassen sein. Jenes kleine Quäntchen Glück, das vieles entscheidend beeinflussen kann und das die Tüchtigen angeblich besonders reichlich haben.
Für all jene unter uns, die in einer religiösen Welt sozialisiert wurden, kommt hier auch der Schöpfer des Universums mit ins Bewusstsein. Erntedank ist dabei ein kurzes Innehalten in dieser hektischen und fordernden Zeit, um auch einen Blick auf das „nicht von Menschen Machbare“ zu werfen. Auf die Demut, das nicht Erreichte an zu nehmen, auf die Freude über das Gelungene und im Normalfall auf das Glück, eine reichliche Ernte ein zu fahren.
Erntedank im heutigen Sinn verstehe ich nicht nur als Dank der Bauern für die Ernte auf den Feldern. Erntedank ist auch eine Zeit für ein kurzes Dankeschön, dass wir in unserer Branche mit den Früchten dieser Erde ein sinnerfülltes Leben gestalten dürfen.
Fritz Prem