Fast alle regionalen Erzeuger beklagen, dass in Gastroküchen die Herkunft egal sei – am wichtigsten wäre der günstigste Preis. Die Rohstoffe, egal ob Obst, Gemüse, Fleisch, Molkereiprodukte oder Teigwaren, werden ja sowieso verarbeitet und dann merkt in dem ganzen verpflichtenden Info- und Pickerl-Dschungel ja sowieso niemand, woher der Rohstoff für eine wunderbare Schwarzwälder Kirsch-Torte oder ein saftiges Ribbon Eye-Steak kommt.
Kennzeichnungspflicht könnte aber so weit führen, dass Speisekarten für etwa 10 Gerichte so aussehen wie eine technische Betriebsanleitung ergänzt mit Hinweisen zum Gefahrenguttransport. Genuss und Freude am guten Essen werden von beamteten Bleistiftspitzern systematisch vernichtet.
Um nicht Insiderwissen aus der Obstbranche vorab zu publizieren, beschreibe ich eine ähnliche Entwicklung aus einer anderen Lebensmittelbranche.
Einer der größten Verarbeiter von Frischeiern hat bisher die billigsten Eier aus dem Osten Europas und teilweise sogar aus Übersee zu Halbfertigprodukten für Konditoreien und Großküchen verarbeitet – ein klassischer Verarbeitungsbetrieb im herkömmlichen Sinn. Da er ein guter Ökonom ist, war bisher immer die Rechnung: Rohstoff plus Verarbeitungskosten plus Marge musste ein Endprodukt ergeben, das billiger war als die Konkurrenz.
Vor einem Jahr hat sich aber eine sonderbare Situation ergeben. Die Gäste in den Konditoreien haben sich ab und zu erkundigt, wo die Eier zB. für die Kardinalschnitten herkommen. Den betroffenen Konditor ist dabei bewusst geworden, dass die Eimasse aus dem Tetrapack für die süße Köstlichkeit eigentlich einen minimalen Anteil an seinen Gesamt-Produktionskosten hat. Er weiß jetzt, dass es für die Produktion von guter Eimasse im Vergleich zu einem Fertigpulver eine gewisse Frischequalität geben muss, sonst funktioniert der Produktionsprozess nicht richtig.
Wie ein kleines Wunder haben sich plötzlich der Verarbeiter und ein großer Frischeiproduzent vor dessen Haustüre gefunden. Es gibt jetzt ein Verarbeitungsprodukt mit Rohstoffen aus der Region. Und es passiert genau das, was in den Lehrbüchern von Ökonomen und Marketingexperten beschrieben ist – äußerst erfreulich für alle Beteiligten.
Wenn wir im Obst und Gemüsebereich unsere Verarbeitungswege ansehen, dann ist dort die oben beschriebene Erfolgsgeschichte noch öfters in die Wege zu leiten. Ob eine gesetzliche Vorgabe dazu der richtige Weg ist, sei dahin gestellt.
Richtige Erfolgsgeschichten entstehen immer aus einer tiefen Sehnsucht heraus.
Fritz Prem