Der letzte Report der EU-Kommission (Evolution of EU prices of certain F&V) bringt es ans Tageslicht: Es gibt in Europa sehr gute und schlechte Verkäufer von Obst und Gemüse! Oder anders herum, es gibt zumindest Vertriebsstrukturen, über die man gut verkaufen kann, während andere Verkäufer nach dem Motto „catch as catch can“ nur sehr mäßige Erlöse ins Haus bringen.
Foto: Gottfried Lafer, Haidegg
Der Report listet Verkaufspreise je Kalenderwoche aus den einzelnen EU-Ländern auf. Bevor das Argument „eine Statistik die ich nicht selbst… und so weiter“ kommt, sollten wir uns die Bandbreite der Statistik ansehen.
Die Statistik zeigt zum gleichen Zeitraum hinweg über Monate für italienische/südtiroler Äpfel einen Preis von durchgehend etwa 65 Cent und für polnische Äpfel von durchgehend etwa 21 Cent.
Um den Kritikern vorweg den Wind aus den Segeln zu nehmen, schlage ich vor, dass wir in der Betrachtung annehmen, dass wir bei beiden Preisen eine Schwankungsbreite von 25% annehmen sollten (ist relativ großzügig). Somit ist das Ergebnis immer noch so, dass italienische/südtiroler Äpfel um etwa den doppelten Preis am europäischen Markt verkauft wurden.
Tatsache ist, dass in jenen Regionen, die besser verkaufen, mehr Geld in die Region kommt. Die Produzenten und Händler haben mehr finanzielle Kraft, um in neue (und teurere) Sorten zu investieren, in neue (und umweltschonendere) Technologien zu gehen, haben mehr Kraft um noch lukrativere Vertriebsmöglichkeiten zu eröffnen. Dies nicht nur für einen Einzelbetrieb, sondern für die Summe der Betriebe in der Region.
Polen hat in den letzten Jahren riesige Summen an EU-Fördermittel zur Modernisierung seiner Lagerungs-, Sortier und Verpackungseinrichtungen erhalten. Diese Förderungen haben die Kosten im Lagerungs-, Sortier- und Verpackungsbereich weiter abgesenkt. Das Signal an die nachgelagerten Verkäufer ist daher: Es geht auch billiger.
Dass diese Interpretation des vorliegenden EU-Reports nicht komplett aus der Luft gegriffen ist, bestätigt der internationale Markt: polnische Äpfel sind etwa um den halben Preis von italienischen Äpfeln zu haben.
Wenn es im Lebensmittelhandel „Italienische Wochen“ gibt, dann sind immer die besten und kostbarsten Spezialitäten dieses Landes im Angebot.
Ich habe noch nirgendwo in Nord-, Mittel-, Süd- und Westeuropa im Lebensmittelhandel polnische Wochen gesehen. Wenn es sie doch geben sollte, dann wird es bei den Äpfeln sicher nur die 2-Kilo-Tragtasche mit „Äpfel rot“ sein.
Fritz Prem 38/2016