Kolumn

Innovation

Eine neue Sorte ist noch lange keine Innovation – so die Botschaft einer Innovationswissenschaftlerin bei einer hochrangig besetzten Obst- und Gemüsetagung an die Teilnehmer. Sie führte aus, dass eine neue Sorte nur der Grundbaustein eines innovativen Gesamtwerkes sein kann.

Aepfel
Foto: Gottfried Lafer, Haidegg

Gebannt lauschten die Teilnehmer den Ausführungen. War doch kurz davor eine neue Sorte in einer Pressekonferenz von einem anwesenden Vermarkter vorgestellt worden. Er war stolz darauf, dass er unmittelbar nach der Freigabe der Sorte durch den Züchter der Erste war, der Zugriff auf das Vermehrungsmaterial hatte.

Woran er in seiner Euphorie nicht gedacht hatte, dass neben dem Vertragswerk auch die emotionale Aufladung notwendig ist. Der Vor- und nachgelagerte Bereich ist mit ein zu beziehen. So kam es, wie die Innovationsforscherin es in ihrem Vortrag im Vorhinein beschrieben hat. Der Lebensmittelhandel stürzte sich drauf und hatte für einige Wochen etwas „Neues“. In der Kurzlebigkeit des Handels war es wie ein Spielzeug, mit dem man Freude hat und wenn man sich lange genug damit gespielt hat, dann wird es zur Seite gelegt. Es musste wiederum etwas „Neues“ her.

Somit wird ein Juwel nach dem anderen in den Rachen der Kunden „verfeuert“, nur um die kurzfristige Gunst des Kunden zu ergattern. Die Gier nach „Neuem“ wird immer kurzfristiger.

Die Innovationswissenschaftlerin hat eine Erfolgsgeschichte sehr eindrucksvoll beschrieben. Beginnend mit der rechtlichen Absicherung des Zuganges zu neuem Pflanzmaterial, über die perfekte fachliche Begleitung in der Produktion. Alles Wissen um die produktspezifischen Eigenarten der „Neuheit“ sind genauso wichtig wie eine perfekte Aufbereitung. Die emotionale Aufladung der „Neuheit“ ist ein zentraler Baustein. Am Markt sind die Marketingziele auf Langfristigkeit aus zu richten und dies ist meist nur mit einer handverlesenen Kundenschar möglich.

Wenn dann noch einer der Teilnehmer im ganzen Vertragswerk der Meinung ist, dass er jetzt alles unterschrieben hat und jetzt wieder den „freien Markt“ spielen kann, der hat nicht verstanden, worum es hier geht. Die Wertschöpfungen in wirklich guten „Klubkonzepten“ sind eigentlich deshalb so erfolgreich, da dahinter auch sehr rigorose Vertriebskonzepte stehen, die oft knapp an der Grenze des Kartellrechtes vorbei schürfen.

Der Erfolg hat aber eben seinen Preis.

Fritz Prem 35/2016