Kolumn

Insolvenz

Ein großer steirischer Obstvermarkter hat vergangene Woche Insolvenz angemeldet. Der Eigentümer dieses Handelshauses war eine der größten Banken des Landes. Viele Obstproduzenten sind über eine Erzeugerorganisation organisiert und haben über eine Bankgarantie ihre Ernte in Sicherheit. Für diese Saison ist somit die Auszahlung für sie gesichert. Die übrigen Gläubiger müssen warten, was für sie am Ende übrigbleibt. Die große Frage ist aber, wie wird die Zukunft in der Obst-Vermarktung nach diesem Akt aussehen?

Wahrscheinlich haben doch eine erkleckliche Anzahl der Leser dieser Kolumne in ihrem bisherigen Berufsleben das Gefühl erlebt, dass ein langjähriger Geschäftspartner unerwartet Insolvenz anmeldet und man um den Erlös seiner gelieferten Ware oder Dienstleistung umfällt. Das kann bitter werden, wenn man vielleicht selbst gerade einen vorübergehenden Liquiditätsengpass hat oder es einem so schwer trifft, dass man im Anschluss seine eigene Zahlungsunfähigkeit anmelden muss.

Ich spüre jetzt hautnah die Emotionen. Das Gefühl eines Gläubigers in einer solchen Situation liegt zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Wut und Machtlosigkeit, zwischen Selbstzweifel und Aggression, mit der Frage ob es noch Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt. Viele verunsicherte Kollegen haben mich in den letzten Tagen kontaktiert und ihren Gefühlen freien Lauf gelassen.

Wo liegt das Erfolgsgeheimnis all jener, die selbst noch nie oder nur unwesentlich in eine derart missliche Lage gekommen sind, wo ein Geschäftspartner umfällt?

Unser Geschäftsleben in unserem Kulturkreis basiert auf Risiko und als Gegenleistung der dafür erzielbaren Marge. Mit einem guten Risikomanagement und dem Geschäftsfeld angepasstes Risiko sind die alten und erfolgreichen Füchse der Branche meist gut gefahren. Nur, im Nachhinein ist man halt immer gescheiter. Als gute und feste Geschäftsbeziehungen betrachtete Entwicklungen können auch den profundesten Profi ab und zu überraschen.

Besonders weh tut es, wenn man mit ansehen muss, wie im Zuge einer Insolvenz persönliche Existenzen den Bach hinunter gehen und ehrbare Menschen vor dem Nichts stehen.

Interessant ist auch, dass in einzelnen Ländern das Ziel einer Insolvenz unterschiedlich angelegt ist. In Österreich, Deutschland und der Schweiz geht es um die gerechte Verteilung der Verluste auf die Gläubiger, in Frankreich ist es der Erhalt von Arbeitsplätzen und in den USA geht es darum, dem Schuldner einen „fresh start“ zu ermöglichen.

Fritz Prem 10/2016