Obsthändler, Viehhändler und Holzhändler hatten in den vorigen Generationen nicht immer den besten Ruf. Vieles hat sich zum Positiven verändert. Händler leben aber noch immer davon, dass sie schneller als andere neue Situationen erfassen und zu ihrem Vorteil nutzen.
So auch in der Frostsituation bei Obst im Vorjahr in Österreich. Der österreichische Markt muss trotz des geringen inländischen Angebotes ausreichend mit Produkten versorgt werden. Die wichtigsten Händler haben mit dem Lebensmittelhandel eine Vereinbarung getroffen: Sie können aus Deutschland und Südtirol Ware zukaufen und über ihre bestehenden Strukturen verpacken. Polnische Ware war eigentlich nie das Thema, obwohl zur gleichen Zeit die gleichen Sorten nur halb so teuer gewesen wären. Dies hatte zwei Gründe: zum Einen sind deutsche und südtiroler Äpfel beim österreichischen Konsumenten bekannt und es gibt dazu eine Vertrauensbasis. Zum Zweiten hätte der billige Einkaufspreis von polnischen Äpfeln in der österreichischen Handelslandschaft eine Talfahrt nach unten ausgelöst, von der man sich am Ende der Saison beim Umstieg auf neue österreichische Herkunft nicht erholt hätte.
Diese Situation hat findige Kleinhändler dazu animiert, wöchentlich LKW-Ladungen aus Polen zu ordern, diese Äpfel in weiße Kartons ein zu packen und nach dem dritten Mal umpacken sind daraus deutsche oder italienische Herkünfte geworden. In den Augen der handelnden Personen war es doch nur ein Kavaliersdelikt, da es andere auch gemacht haben. Dass dabei jede Woche ein ordentliches Geld hängen blieb, das war eben der Preis für ein paar Minuten Augenzwinkern.
Außerdem hat sich eigentlich keine Kontrollstelle dafür zuständig gefühlt.
Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums haben erklärt, dass dafür die Lebensmittelbehörde zuständig sei. Bei der Lebensmittelkontrolle erklärte man, dass dafür keine Bundeskompetenz bestehe, da diese Aufgaben seit einigen Jahren den Ländern übertragen sei. Bei den zuständigen Landesstellen erklärte man, dass man in erster Linie damit beschäftigt sei, die Qualität von in den Geschäften angebotenen verpackten Obst und Gemüse zu kontrollieren und bei Nichteinhalten der Qualitätsnormen Strafbescheide ausstellt. Auf Grund des allgemeinen Sparzwanges hat man nicht das Personal, umfassende Warenströme lückenlos zu kontrollieren.
Am Ende der Fragerunde meinte ein Mitarbeiter der Lebensmittelbehörde, dass sie eigentlich für die Kontrolle der Herkunft nichtösterreichischer Ware in erster Linie gar nicht zuständig seien, da ja auch Herkünfte aus anderen Regionen nicht zwingend gesundheitsgefährdend seien.
Also doch ein Kavaliersdelikt, wenn man „nur“ Herkünfte vertauscht?
Fritz Prem