Kolumn

König der Landstraße

Lange Zeit haben sich Trucker-Fahrer als Könige der Landstraße gefühlt. Hinter den Kulissen gibt es aber Strukturveränderungen in einem Ausmaß, die der Öffentlichkeit weitgehend verborgen bleiben.

In der öffentlichen Wahrnehmung erscheint diese Veränderung erst, wenn auf einmal mitten in der Saison trotz voller Auftragsbücher etwa 10 Prozent der LKW-Transportkapazitäten am Parkplatz stehen bleiben, da kein LKW-Fahrer da ist.

Früher waren LKW-Fahrer jene Berufsgruppe, wo man mit einem gültigen Führerschein als Berufsausbildung monatlich relativ viel Geld verdienen konnte, da Überstunden ohne Ende die Norm war.

Diese Zustände sind aus geartet. Da hat der Staat als öffentliche Ordnungsmacht eingegriffen. Zeitlimits und Pausen, die elektronisch erfasst werden, Gewichtslimits, die es immer schon gab, aber jetzt mit rigorosen Strafen bei Überschreitung geahndet werden, Sicherheitsschulungen der Personen und viele Vorschriften mehr sind das Ergebnis.

Das alles hat die Kosten der Logistik natürlich nicht gesenkt. Findige Spediteure und Kunden haben  nach Einsparungspotentialen gesucht und sind am EU-Binnenmarkt in Billiglohn-Ländern fündig geworden. Durch das Lohn- und Sozialdumping sind Wettbewerbsverzerrungen möglich geworden. Plötzlich sind westeuropäische Spediteure verstärkt mit osteuropäischen LKW-Kennzeichen (und Fahrern) unterwegs. Die internen sozialen Spannungen in den Logistikfirmen sind nicht verborgen geblieben.

Vielen Kunden ging die Kostensenkung aber zu wenig rasch. Vor allem die Auto-Zulieferindustrie hat die Dinge (und auch Kapital) selbst in die Hand genommen. Damit sind im Osten Europas einzelne Logistik-Unternehmen mit über 2000 LKW entstanden. Wenn man in den Büchern das Gründungsjahr ansieht: Jahrgang 2016.

Dazu hatte ich vor Kurzem ein wohltuendes Gespräch mit einem alteingesessenen Spediteur. Nicht nur seine bullige Erscheinung, sondern ganz besonders sein Erfahrungsschatz, sein wirtschaftliches Gespür und seine soziale Kompetenz haben mich beeindruckt. Als Einzelunternehmer führt er sehr erfolgreich, aber auch unmissverständlich, eine relativ große LKW- Flotte.

Im beruflichen Alltag gibt es nichts, was ihm in seiner eigenen Berufslaufbahn nicht schon selbst untergekommen wäre. Kein Mitarbeiter kann ihm ein X für ein U vormachen, ebenso wenig seine Kunden. Er ist kaum im ruinösen Massengeschäft unterwegs, da er ganz besondere Anforderungen in der Branche auf Grund seiner Erfahrung kennt und erledigen kann.

Ganz besonders beeindruckt hat mich sein Verhältnis zu seinen LKW-Fahrern – ein menschlicher Umgang trotz knallharter Branchenbedingungen.

Fritz Prem