Wenn wir als Dienstleister im Handel eine derartige Dienstleistung abliefern würden wie Marktforscher vor politischen Wahlen, dann hätten uns unsere Kunden längst zum Teufel gejagt.
Die Marktforschung im Lebensmittelhandel ist in gewissen Bereichen zum Glück doch präziser.
Es gibt aber immer wieder gravierende Ausreißer. Vor allem dann, wenn man selbst eine branchenübergreifende und sehr präzise Verkaufsstatistik zur Verfügung hat.
So geschehen vor knapp einem Jahr, als eines der größten Marktforschungsinstitute in Publikationen verkündete, dass beim Bioapfel ein stärkerer Einbruch beim Konsum gegeben sei. Im gleichen Zeitraum zeigten die Echtdaten aus dem Verkauf, dass um 10% mehr verkauft und gegessen wurde.
Letzte Woche war eine Doppelseite im auflagenstärksten Medium des Landes, dass Bio in der Nachfrage zurückfalle und vorwiegend bei Bio-Gemüse noch ein Wachstumspotential gegeben sei.
Ich habe bei uns als einer der größeren Bioapfelvermarkter in den Echtdaten aus dem Verkauf nach gesehen. Ein Plus von 25% im Gegensatz zum Durchschnitt der letzten Jahre. Im gleichen Zeitraum gibt es ähnliche Echtdaten bei den wichtigsten Bioapfelvermarktern Europas.
Wo nehmen Journalisten solche Hiobsbotschaften her? Meist ist es so, dass einer eine nicht so genau recherchierte Arbeit zitiert. Wenn dies zwei oder drei weitere machen, dann entsteht der Eindruck dass dies schon stimmen wird. Es steht ja in mehreren Medien der gleiche Inhalt. Es passiert zwar selten, aber es passiert.
Da dies bei Bioäpfeln zwei Mal innerhalb eines Jahres in gravierender Form passiert ist, erfordert es ein genaueres Hinterfragen der Erhebungsmethoden. Im zweiten Fall ist dies bereits geschehen, im ersten Fall sind wir dabei, das Gespräch mit den Marktforschern zu suchen.
Wir alle wissen: Die Stimmung macht den Markt!
Wir haben in der laufenden Saison eine um etwa 3% geringere Bio-Apfelernte für den Verkauf zur Verfügung. Alle wissen dies, die Botschaft von den Produzenten ist bei allen Marktteilnehmern angekommen. Sie wissen aber auch alle, dass diese Menge ausreicht, um die Konsumenten bis zum Anschluss an die neue Ernte zu versorgen.
Wenn etwas weniger Angebot am Markt da ist, entsteht kein so großer Preisdruck. Da ist es möglich, vom Markt die eine oder andere Kostenposition zu holen. Dies geht aber nur bei einer guten Stimmung am Markt und nicht umgekehrt.
Fritz Prem