Die Produzenten in ganz Europa leiden an den extrem tiefen Mostobstpreisen in der heurigen Saison. Preise von 3 bis 4 Cent für den Produzenten sind momentan marktüblich. Rechnet man genau, so liegen die Kosten für die Ernte bei etwa 7 Cent. Mostobst fällt teilweise prozessbedingt an und kommt somit auch in den Markt.
Mostobstproduzenten werden sich auf derartige Preise einstellen müssen. Systembedingt deshalb, da der Großteil vom Mostobst weltweit in die Konzentratproduktion geht. Diese Industrie hat einen Wandel hinter sich. Zuerst gingen europäische Konzentrathersteller in den Osten und ließen sich von Anlagenbauern mitten im billigen Rohstoff mit hochwertiger Technologie Produktionsstätten errichten. Bei den Anlagenbauern ist damit Know How entstanden. Dieses Know How ist nicht nur in Europa geblieben, sondern wurde weltweit bis nach China weiter verkauft. Jetzt ist es egal, wo weltweit Konzentrat produziert wird, es gibt fast überall die gleiche Qualität zu kaufen.
Dazu kommt noch, dass beim Konzentrat durch das relativ geringe Volumen der Transportkostenanteil gering ist. Es ist problemlos weltweit handelbar. Darin liegt das Grundproblem für unsere momentane und zukünftige Preissituation beim Mostobst. Kaum ein Produkt in unserer Branche ist so von der Globalisierung betroffen, wie das Konzentrat aus unserem Produkt. Es ist weltweit austauschbar, da es anonym in der Herkunft beim Konsumenten ankommt, es ist uniform, da es weltweit mit der beinahe gleichen Technologie hergestellt wird, es ist länger lagerfähig und verschleppt somit ein Problem von einer Saison auf die nächste.
Apfelsaft aus Konzentrat ist ein Paradebeispiel, wie Strategen ein Produkt in den Globalisierungsstrudel treiben können. Es ist heute nicht mehr egal, ob in Europa ein etwas stärkeres Angebot an Rohstoff da ist. Es spielt sogar eine Rolle, ob in China oder Nordamerika im Vorjahr ein Überangebot an Rohstoff war. Dies füllte die Lager weltweit und hat Auswirkungen auf den heurigen Aufkaufspreis direkt vor Ort.
Als Lösungsansatz werden Alternativen zur Konzentratproduktion weiterentwickelt. Es wird direkt gepresster Apfelsaft in Konkurrenz zu einem „hellbraunen, feinsäuerlichen Zuckerwasser mit Apfelaroma aus natürlichen Zutaten“ bestehen können. Es werden höherwertige Verarbeitungsprodukte stärker entstehen.
Die alte Erfahrung gilt aber auch hier: Wer die jeweilige Wertschöpfungskette steuert, der verteilt auch im neuen Sektor die Margen innerhalb der Beteiligten.
Prem 41/2014