Kolumn

Neueste Konsumentenbefragung

Vor Kurzem hat mich eine freundliche Stimme am Telefon angerufen, ob ich vier Minuten Zeit für eine telefonische Konsumentenbefragung hätte. Ich willigte ein. Es ging um Verbrauchsverhalten von Toilette- und Hygieneartikel, einschließlich der Fragen über Kondome und Gleitmittel – alles sehr seriös.

Im Anschluss kamen mir eine Reihe von Konsumentenberfragungen in den Sinn, die mir im Laufe meiner beruflichen Karriere präsentiert wurden oder überhaupt untergekommen sind. Ein ganzer Industriezweig ist daraus entstanden. Seriöse Institute, die in der Nähe von Forschung und Wissenschaft angesiedelt waren, Firmen, die Ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Bereich der Motivforschung und dem Wissen um die Branche einbringen und „Wiederholungstäter“, die einfach gute Verkäufer ihrer Idee sind, sowie Umfragen, bei denen der Auftraggeber von vorneherein ein zielgerichtetes Ergebnis erwartet.

Die veröffentlichten Ergebnisse der neuesten Kundebefragungen sind fast in jeder Firma Gesprächsstoff, egal ob es sich um Produktion, Verarbeitung, Vertrieb oder Logistik handelt. Niemand will in Zukunft am Markt vorbei produzieren oder ein Produkt zum Verkauf anbieten, das kein Mensch haben will.

Sie kennen sicher auch all die Fragebögen, ob Konsumenten bereit wären, für ein besonderes Produkt einen höheren Preis zu bezahlen – mit „ja“ ausgefüllt, bevor der Kunde in den Supermarkt geht. Heraus kommt er mit dem billigsten Produkt im Einkaufswagen. Wissenschaftlich gut abgesicherte Studien bringen da schon eine bessere Treffergenauigkeit.

Mir kommt da immer wieder eins meiner eindruckvollsten Gespräche über Motiv- und Marktforschung mit einem berühmten Urgestein der Branche in Erinnerung. Er dozierte vor meinem damaligen Geschäftsführer und mir über seinen Zugang zur Motivforschung. Neueste Methoden der Gehirnforschung finden ebenso Eingang in seine Arbeit wie demografische Veränderungen und die Weiterentwicklung des momentanen Zeitgeistes. Neueste statistische Berechnungsmodelle aus einer Fülle von Datenbanken sichern das Ergebnis ab. Dann lehnte er sich bedächtig zurück und ergänzte leise: wenn alles fertig ist, dann schließe er die Augen, frage sein Bauchgefühl ab, ob das Ergebnis stimmen könne, erst dann präsentiert er es dem Auftraggeber.

Bei mir blieb die Botschaft hängen: Wenn sich ein Unternehmer nur auf Umfragen und Statistiken verlassen würde, so erginge es ihm wie dem damals sehr bekannten Mitbewerber vom alten Urgestein: es gibt ihn nicht mehr…

Fritz Prem 29/2016