Kolumn

Noch ist Polen nicht verloren

Die Interpoma in Bozen war der Treffpunkt für die Apfelbranche Europas. Ich habe dort viele interessante Gespräche mit Kollegen geführt.  Fest steht, dass generell die Mengenabflüsse seit der Ernte groß, aber auch die Preise so tief wie schon lange nicht mehr waren. In Summe war das Gefühl da, dass die sehr tiefe Talsohle erreicht ist. Es werden nur noch schwer verkäufliche Qualitäten oder Herkünfte im Preis weiter sinken. Vor allem bei guten Qualitäten waren die Preise in den letzten Wochen tief aber stabil und könnten sich möglicherweise  leicht nach oben festigen.

Ein Teil der polnischen Nationalhymne kam mir in diesen Tagen sehr oft in den Sinn. Es stand in den letzten Tagen sehr oft im Raum, dass die Probleme unserer Branche durch die Situation in Polen massiv verstärkt werden. Bitter für unsere Kollegen in Polen, aber auch schwierig für die gesamte Apfelbranche in Europa.

Polen ist mit 3,5 Mio Tonnen Jahresproduktion der größte Apfelproduzent Europas. Die Apfelproduktion in Polen hat in den letzten Jahren massiv aufgerüstet. Durch bis zu 75% Investitionsförderung konnte mit wenigen Eigenmitteln in leistungsfähige und modernste Technologie investiert werden.

Es gibt bereits jetzt Apfelangebote polnischer Exporteure, die nur die Höhe der Fracht und der Verpackung berücksichtigen. Ein Erlös für das Produkt Apfel ist nicht berechnet. Im schlimmsten Fall kann es im Lauf der Saison dazu kommen, dass sich die Angebote auf ein Kommissionsgeschäft erweitern, wo beim Warenabgang kein Preis vereinbart wird.

Insgesamt waren diese Aussagen aber von einem Zweckoptimismus begleitet. Wer will schon ein neues Produkt „polnische Äpfel“ bei seinen Kunden und Konsumenten einführen, wenn er genau weiß, dass sein stärkster Mitbewerber um die Ecke das gleiche Produkt noch billiger einkauft oder im Einkauf beinahe geschenkt erhält. Wer will in einem Konkurrenzkampf um den billigsten Apfel auf tiefstem Niveau große Mengen durch seine Regale schleusen. Jeder alte Fuchs weiß genau, dass sich auf diesem Preisniveau keine wirklichen Margen erwirtschaften lassen. Im besten Falle wird nur das Geld gewechselt.

Produzenten und Lieferanten sind an ihren wirtschaftlichen Grenzen angekommen. Wenn die Stammkunden in den nächsten Jahren weiterhin die gewohnte Qualität bekommen wollen, werden sie dies jetzt auch honorieren müssen.

Prem 48/2014