Politische Erdbeben gehen selten spurlos bei volkswirtschaftlichen Abläufen vorbei. Wen sich gerade ein massiver und grundsätzlicher Machtkampf zwischen Polen und der EU abzeichnet, dann kann uns dies nicht einerlei sein.
Sollte es Polen mit seinen knapp 40 Millionen Einwohnern darauf ankommen lassen, dass seine politischen Positionen gegenüber dem Gemeinschaftsrecht der EU ohne Kompromisse umgesetzt werden, dann ist ein Polexit nach englischem Vorbild realistisch.
Sehen wir uns die Fakten von einem solchen Szenario an. Polen hat seit Beginn der Mitgliedschaft aus den EU-Budgettöpfen etwa 82 Milliarden Euro für Strukturverbesserungen erhalten.
Mittel- und Westeuropäischen Obstbauern haben die Auswirkungen dieser EU-Förderpolitik zu spüren bekommen. Polen hat in den letzten Jahren mit massiven EU-Mitteln seine Apfelbranche in der Produktion wie auch in der Vermarktung in kürzester Zeit auf den neuesten Stand gebracht.
Großzügige Förderungen aus EU-Töpfen
Durch großzügige Förderungen und billigere Arbeitskräfte ist die Kostenstruktur in der Produktion ungleich günstiger wie in den klassischen Apfelproduktionsländern Italien, Frankreich und Deutschland.
Die Vermarktung hat sich leider strategisch nicht in dem Sinn mit entwickelt wie zB Strukturen in Südtirol oder anderen leistungsfähigen Apfelregionen Europas.
Wir gehen zwar nicht davon aus, dass es wirklich zu einem Polexit kommt. Aber die Folgen für die Obstwirtschaft wären einschneidend. Knapp acht Prozent der EU-Bevölkerung wäre aus dem EU-Binnenmarkt weg, aber auch knapp 40% der europäischen Apfelproduktion wären außerhalb des EU-Binnenmarktes.
Derzeit nur theoretisches Szenario
Lassen wir uns dieses Szenario nochmals durch den Kopf gehen. Es wäre nicht nur beim Apfel so, sondern auch bei manch anderen Produkten, wo Polen seine Kostenseite ausspielen kann.
Denken wir auch daran, dass dann ein Saft-Hersteller bei Apfelsaft aus polnischen Äpfeln nicht mehr drauf schreiben könnte, dass der Rohstoff aus dem EU-Binnenmarkt ist.
Wir könnten diese Gedankenspiele beinahe unendlich weiter führen. Ich wage derzeit nicht daran zu denken.
Es ist aber so, dass die demokratisch-politische Kultur auch in hoch zivilisierten Ländern phasenweise mit den Füßen getreten wird. Nach einer Phase von „Sodom und Gomorrha“ kehrt meist wieder Vernunft ein, denn ein politisches Leben muss auch danach möglich sein.
Das Leben geht weiter – wie am Beispiel England mit ausreichend oder zu wenigen LKW-Lenkern.
Fritz Prem