Kolumn

Präsidentenwahl

Halb Europa blickt belustigt nach Österreich. Dieses demokratische Land mitten in Europa ist anscheinend nicht in der Lage, eine ordnungsgemäße Wahl ihres Bundespräsidenten ab zu halten. Demnächst findet der vierte Anlauf statt.

Dass ich zur „Juristerei“ seit Berufsbeginn ein eigenes Verhältnis habe, dies ist vielen meiner Bekannten bewusst. Meine absolute Hochachtung vor diesem Berufsstand ging mit dem Ausspruch verloren: drei Juristen haben fünf Meinungen zum gleichen Sachverhalt. Viele Juristen haben in meinen Augen in ihrer Ausbildung den Unterschied zwischen rechtens und richtig nie gelernt.

So haben Juristen die letzte Präsidentenwahl an Punkten ausgehebelt, die für einen Bürger mit normalem Hausverstand nicht wirklich verständlich sind. Es wurde klar festgehalten, dass kein Wahlbetrug festgestellt wurde – aber es hätte theoretisch einer passieren können. Die vorletzte Posse war, dass eine Druckerei einen fehlerhaften Kleber auf die Wahlkuverts aufgebracht hat. Der Tupfen auf dem „i“ ist, dass Juristen herausgefunden haben, dass ein eigenhändiges Einwerfen der Wahlkuverts in die Wahlurne verboten ist, dies darf nur der Wahlleiter. Bisherige Wahlen wären an zu fechten. Ein breites wirtschaftliches Geschäftsfeld für Juristen scheint sich wieder auf zu tun. In der Sprache der Wirtschaft würde man von einer Absicherung der Geschäftstätigkeit einer Sparte sprechen.

Was hat diese Einstellung zu einer ganzen beruflichen Gilde mit unserer Obst- und Gemüsebranche zu tun? Ich brauche den Insidern unserer Branche nichts über Verbote und Verordnungen allein im Bereich der Mitarbeiter auf den Feldern und in den Packhäusern erzählen. Einige schwarze Schafe innerhalb unserer Kollegen haben durch ihr Verhalten diese massiven Verschärfungen ausgelöst. Rechtskundige Sachbearbeiter haben daraus oftmals einen Selbstverwirklichungstrip entwickelt, um sich ein Denkmal zu setzen. Wenn es zu einem Vergehen kommt, dann ist man als Betroffener wiederum in der Bemessung der Sanktionen dem Ermessensspielraum des „Rechtskundigen“ ausgeliefert. 

Ich erinnere nur an jede politische Wahl, wo im Vorhinein versprochen wird, den administrativen „Dschungel“ aus zu lichten. Der Wirtschaftsminister hat sich vor seiner letzten Wahl darüber öffentlich geärgert, dass über eintausend Punkte in der Beschäftigung eines einfachen Mitarbeiters gesetzlich geregelt sind und bei Nichteinhaltung sanktioniert werden. Seit zwei Jahren ist er wieder im Amt und die Regelungen sind mehr anstatt einfacher geworden.

Ein Berufsstand ramponiert sich mit diesem Vorgehen selbst.

Fritz Prem 28/2016