Gerade habe ich in einem französischen Fachmedium gesehen, dass es eine Gruppe von Obstbauern gibt, die eine rückstandsarme Produktion entwickeln wird.
Diese gibt es bereits in Italien und in Österreich in einem spürbaren Umfang. Der Einsatz der Betriebsmittel, vor allem der Pflanzenschutzmittel, erfolgt so, dass zum Zeitpunkt der Ernte so gut wie keine Pflanzenschutzmittelrückstände auf den frischen Früchten sind. Die Technologie dazu ist ausgereift, aber etwas aufwändiger als in der bisherigen konventionellen Produktion.
Die Bauern haben sich in diese Produktionstechnologie ein geübt, es läuft mit gewissen Sorten einigermaßen gut. Das Risiko und die Ausfälle sind überschaubar. Für die betroffenen Bauern ein Erfolgserlebnis: es geht ja doch!
Der Vertrieb hat dieses „neue“ Produkt – eine beinahe rückstandsfreie Ware mit Babyfood Standard, bei Kunden vorgestellt. Nach der ersten Euphorie ist Ernüchterung eingekehrt.
Die Einkäufer der großen Lebensmittel-Handelshäuser hatten auf Anhieb zwei Bedenken. Zum einen die Frage, wie dies die Kunden aufnehmen würden. Der LEH hat über Jahre hinweg seinen Konsumenten erklärt, dass die Produkte, die er in seinem Regal liegen hat, mit den wenigen Rückständen schon in Ordnung wären. Nur nicht zu viel herum diskutieren. Alles ist von der Behörde in der Form frei gegeben.
Sollte jetzt plötzlich ein konventionelles Produkt im Regal daneben liegen, das von den Rückständen her Baby-Food-Standard erfüllt, dann wären doch alle anderen Produkte ein wenig bedenklich.
Es konnten nur ganz wenige Anbieter dieses Produkt anbieten. Damit war es anscheinend so, dass die Einkäufer die Sorge hatten, nicht mehr beliebig die Lieferanten untereinander austauschen zu können und plötzlich könnten einige wenige Anbieter auf Augenhöhe heranwachsen. Für einen Einkäufer eine ungewohnte Situation.
Somit hat alles wie bisher seinen Lauf genommen. Die Pioniere in diesem Bereich sind ein wenig ratlos.
Sie wollten für die Konsumenten ein umweltfreundlicheres und mit weniger Rückständen behaftetes Produkt, das sich besonders für Kinder geeignet hätte. Kinder und Pflanzenschutzmittelrückstände sind immer ein heißes Thema.
Statt dessen werden Äpfel wie bisher in die Verpackungen gesteckt. Die Rückstands-reduzierten Chargen in die gleichen Kartons wie die bisherigen Äpfel.
Somit ist die Branche um eine Chance ärmer, die Pflanzenschutzmittelindustrie dazu zu bewegen, neue Produkte auf den Markt zu bringen, die ein beinahe rückstandsfreies Obst ermöglichen.
Vielleicht gelingt der zweite Anlauf.
Fritz Prem