Weniger und zielgenauerer Pflanzenschutz während der Produktion von Obst und Gemüse ist ein Gebot der Stunde.
Auch beim Kongress auf der Interpoma haben sich namhafte Wissenschaftler damit beschäftigt.
Besonders in der Bioproduktion ist ersichtlich, dass sich das Sortensortiment unter diesem Aspekt mittelfristig in Richtung robustere Sorten entwickelt.
Ein Denkansatz dazu ist die Züchtung resistenter Sorten. Bisher konnte man nur unter den vorhandenen Sorten eine Auswahl für eine Neuanlage treffen. Beim Apfel gab es bis vor Kurzem nur mehr oder weniger schorfempfindliche Sorten, bei den übrigen Schaderregern gab es auch Erfahrungen über deren Robustheit.
Seit einiger Zeit gibt es schorfresistente Sorten, die auch den Geschmack der Konsumenten treffen. Wenn der Fokus aber nur auf eine Resistenz gelegt wird, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass diese resistente Sorte bei anderen Schaderregern vielleicht doch anfälliger ist wie der Durchschnitt der übrigen Sorten. Eine Häufung von Phytophtora an der Veredelungsstelle, besondere Vorlieben vom Blattläusen oder Sägewespen für diese Sorte, ganz abgesehen von neuen Schaderregern wie Marssonina oder Baumwanzen.
In der Betrachtung der Anbauwürdigkeit einer Sorte ist also das „Gesamtpaket“ entscheidend. Wenn eine Sorte alle Vorzüge in der Produktion mitbringt, aber den Konsumentengeschmack nicht trifft, dann ist sie auf verlorenem Posten.
So hat mich eine junge Wissenschaftlerin ganz aufgebracht angesprochen, als ich in einem Vortrag von „bio-tauglicheren“ Sorten wie Gala, Topaz und Braeburn gesprochen habe. Meine Aussage habe ich damit begründet, dass europaweit in der Bioproduktion die Biobauern mit diesen marktgängigen Sorten besser zurecht kommen wie mit Golden Delicious und ähnlich empfindlichen Sorten.
Sie war enttäuscht, da sie den Eindruck hatte, dass ihre Arbeit als Züchterin von resistenten Sorten zu wenig gewürdigt werde. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie in ihrem Institut an der Neuzüchtung von Sorten arbeitet, wo eine Sorte gegen Feuerbrand und andere Sorten gegen andere Schaderreger resistent sind. Eine zukunftsweisende Arbeit.
Ihre Enttäuschung wurde anscheinend noch größer, als ich sie fragte, ob es in naher Zukunft Sorten geben werde, die gegen mehrere Schaderreger gleichzeitig resistent sind und obendrein den Geschmack der Konsumenten treffen. Züchtungsarbeit ist eben eine langfristig angelegte Tätigkeit, die nie aktuell per Zuruf auf den Tagesbedarf zugeschnitten sein wird.
Fritz Prem