Kolumn

Sortenvielfalt

Bei einer international hochrangig besetzten Podiumsdiskussion ging es um folgendes Thema: warum stagniert der Apfelkonsum in Europa und warum steigt der Konsum bei Tomaten kontinuierlich an?

Viele Argumente wurden eingebracht, viele Thesen vorgestellt und wieder von anderen Teilnehmern wiederlegt.

Bis ein geschätzter Kollege aus den USA in einer kleinen und unscheinbaren Statistik aufzeigte, dass es nach seinen Erhebungen eine Korrelation von Sortenvielfalt und Konsumzunahme gab. Er stellte dar, dass wir im weltweiten Apfelhandel eine Handvoll Sorten vertreiben, die jedem im Handel geläufig sind. Wir können davon ausgehen, dass fast alle in der Produktion, in der Bearbeitung, in der Logistik und im Vertrieb gut damit umgehen können. Warum sollen wir etwas verändern, wenn wir die bisherige Situation so zu sagen „im kleinen Finger“ beherrschen.

Obendrein hat es schon bei der Großmutter geheißen: gegessen wird, was auf den Tisch kommt – bei uns im weiteren Sinne: gegessen wird was im Regal liegt.

Wir vergessen zu oft aus Bequemlichkeit, dass Essen auch etwas mit Lust, Freude, Genuss, Versuchung, manchmal auch beinahe mit sündhaften Verhalten zu tun hat. Es dient nicht nur der Aufnahme lebensnotwendiger Nährstoffe und Spurenelemente.

Ich konnte den Ausführungen des Kollegen sehr gut folgen: letzte Woche Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn, letztes Monat Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn, Voriges Jahr, vor zwei Jahren und im Jahr davor ebenfalls Golden, Gala, Red Delicious, Jonagold und Braeburn. Die Abwechslung besteht einmal im Karton und einmal in PK.

Sogar die saisonalen Schwankungen werden über den globalen Markt ausgeglichen.

Wo liegt der Unterschied zu Tomaten? Kaum jemand kennt eine Sorte genau beim Namen. Fast jeder kennt seine Lieblingstomate. Der eine die großen Rispen, der andere die kleinen Rispen, der eine die fleischigen Tomaten, der andere die Cherry-Tomaten, der eine die helleren, der andere die dunkleren. Fast jeder kennt obendrein als Geheimtipp „seine“ Filiale eines Supermarktes, wo die Gemüseverantwortlichen von der Eingangskontrolle bis zur Regalpflege anscheinend den Job besser verstehen als „alle anderen auf der Welt“. Wenn die Lieblingstomate von der Vegetation her zu Ende ist, dann gibt es sie eben wieder nächste Saison.

Ich habe mich nach all den Impressionen zurückgelehnt und die Eindrücke nochmals für mich „sortiert“.

Fritz Prem 27/2016