Kolumn

Sortiment – wer gestaltet?

Die Frage ist beinahe so alt wie Henne oder Ei: Wer trifft die Entscheidung, welches Sortiment bei Obst und Gemüse im Regal liegt? Beim letzten Lieferanten-Gespräch mit dem Zentraleinkauf eines großen LEH-Konzerns wurde mir diese Frage wieder einmal vor Augen geführt. Über Marktforschungsdaten und den eigenen Absatzzahlen sieht man die mittelfristige Entwicklung erfolgreicher und weniger erfolgreicher Kunden. Als alter Fuchs in dem Geschäft kennt man die meisten Ursachen für die eine oder andere Entwicklung. Einer der zentralen Punkte ist die Wahl des richtigen Sortimentes zur richtigen Zeit.

Wer entscheidet nun wirklich über die Auswahl des Sortimentes? In erster Linie ist es der Einkäufer eines Kunden. Er übt diese Aufgabe aber stellvertretend für den Konsumenten aus, der wiederum bei ihm einkauft. Beim Kunden wird das Sortiment von der Marketingabteilung mit Emotionen aufgeladen, der Filialleiter vor Ort präsentiert es bestmöglich im Regal. Entsprechend des Könnens und der Professionalität des Kunden gelingt dies mehr oder weniger gut und überdeckt manchmal die  Entscheidung für ein falsches Sortiment.

Es kann dumm laufen, wenn der Einkäufer sich nur vom günstigsten Einkaufspreis leiten lässt und andere Erfolgsparameter hintanstellt. Wenn er zum Beispiel bei Äpfeln dauernd preisgünstige, aber unbekannte Sorten ins Sortiment nimmt und bekannte und beliebte Sorten wie Gala, Braeburn, Jonagold, Elstar oder Topaz links liegen lässt, weil sie im Einkauf ein wenig teurer sind. Er wird hoffentlich früher und nicht später zur Erkenntnis kommen, dass die Liebhaber dieser Hauptsorten und damit Hauptmengen zum Großteil ihren Bedarf schön langsam bei der Konkurrenz holen.

Wenn der Einkauf stellvertretend für den Konsumenten das richtige Sortiment einkauft, dann läuft sein Geschäft mit einem geringeren Aufwand wie wenn er im Sortiment laufend danebenliegt und dies mit anderen verkaufsfördernden Maßnahmen ausgleichen muss.

Dies ist eine Weisheit, die jeder alte Fuchs in der Branche kennt. Leider wird sie zu oft überdeckt von Möglichkeiten, ein mittelmäßiges Produkt vielleicht doch noch zu pushen.

Jeder in unserer Branche weiß, dass das richtige Produkt zur richtigen Zeit weit mehr als die halbe Miete ist. Dazu gehört nicht nur ein theoretisches Wissen über das Sortiment, sondern auch der sogenannte „sechste Sinn“ fürs Geschäft, der langfristig erfolgreiche Einkäufer auszeichnet.

Prem 4-2015