Ein bemerkenswerter Strategiewechsel im Umgang mit dem Green Deal zeichnet sich ab.
Betrachten wir zwei betroffene Gruppen. Die eine Gruppe sind die Bauern und ihre großen Verbände, die andere Gruppe sind die Industrieverbände der Pflanzenschutzmittelhersteller und deren Vertreter.
Gar nicht wenige Bauernvertreter haben am Start von Green Deal laut über mögliche Chancen nach gedacht. Über all die Möglichkeiten, aus den derzeitigen Zwängen in der Produktion und am Markt aus zu brechen und zu neuen Ufern zu gelangen.
Die „Bewahrer“ haben wieder die Oberhand
In der Zwischenzeit haben gerade in diesen Gruppen wieder die „Bewahrer“ die Oberhand. Also genau jene, die bisher eingeführte Produktionsmethoden mit den gesetzlich erlaubten Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln zur Perfektion gebracht haben und damit ihre Kosten gesenkt haben. Trotzdem ist es schlecht für sie gelaufen, da viele Berufskollegen auf ihren Betrieben ebenfalls mit der gleichen Präzision ihre Kosten gesenkt haben. Nach einer alten Spielregel des Marktes werden dann die niedrigeren Kosten an den Nächsten in der Wertschöpfungskette weiter gereicht, wenn die niedrigeren Produktionskosten fast alle können.
Somit ist die Situation entstanden, dass es sich bei diesen Produzenten wirtschaftlich gerade noch ausgeht und dass keinerlei Wunsch nach Veränderung gegeben ist – es könnte nur schlechter werden.
Diesen Wunsch nach einer Einzementierung der bisherigen Situation geben sie als massive Forderung an ihre Branchenvertreter weiter. Diese beginnen nun auf diesen Druck hin in Petitionen zunehmend nur Gefahren beim Green Deal zu sehen.
Mittelfristige Auslaufmodelle
Komplett gegengleich hat sich die Sichtweise von den Industrieverbänden der Pflanzenschutzmittelhersteller entwickelt. Am Beginn haben sie aus allen Rohren gegen den Green Deal geschossen – verändert er doch ihr bisheriges Geschäftsfeld in der herkömmlichen Landwirtschaft. Ihre alten Pflanzenschutzmittel-Lizenzprodukte sind somit mittelfristig Auslaufmodelle.
Dieser Strategiewechsel fühlt sich ähnlich an wie der Schwenk der Autoindustrie vom Diesel zum Elektroauto – er ist Realität. Im Gegensatz zum Beginn der Kampagne vernehme ich plötzlich aus den Reihen der Pflanzenschutzmittelhersteller, dass man die Herausforderung angenommen hat und sich nach neuen Pflanzenschutzstrategien umsieht. Wen die Informationen stimmen, dann werden schwindelerregende Summen in die Hand genommen und die Industrie ist gerade dabei, aus Naturstoffen eine neue Pflanzenschutzmittelgeneration zu entwickeln. Der Wettbewerb innerhalb dieser Industriegruppen ist an gestartet.
Fritz Prem