Kolumn

Tomaten und der Store-Check

Marktbeobachtung und Marktanalysen können süchtig machen. Wie sich im Vorlauf Entscheidungen und deren Umsetzung später auswirken, dazu bedarf es einer professionellen Marktbeobachtung. Sie ist eine Grundlage für zukünftige Entscheidungen. 

Vor etwa drei Jahren war es so, dass der Endkunde an der Registrierkasse für den Apfel als Leitprodukt beim Obst und die Tomate als Leitprodukt beim Gemüse pro Kilo etwa gleich viel zahlte.

Dauerhafte Veränderung des Preises

Die dauerhafte Veränderung des Tomatenpreises auf das zwei- bis fünffache des Apfelpreises ging innerhalb von wenigen Wochen von statten. Alle Nicht-Insider meinten, es sei ein Strohfeuer, das gefinkelte Marketingstrategen gezündet hätten. In einigen Wochen würde es wieder den „normalen“ Tomatenpreis geben. Welch ein Irrtum. Mittlerweile sind Jahre ins Land gezogen mit einem Tomatenpreis auf einem vielfach höherem Niveau.

Trotz Wirtschaftskrise, Corona, Ukrainekrieg und allem Unbill kaufen die Konsumenten unbeirrt sogar mehr Tomaten um € 7,- bis € 15,- (umgerechnet von der Kleinpackung auf ein Kilo). Und niemand ist deshalb unter die Armutsgrenze gefallen, musste vorzeitig zur Schuldnerberatung oder hat Privatinsolvenz angemeldet. Auch die Kinder sind deshalb nicht ungesünder ernährt.

Wenn man als Insider in der Branche dieses Phänomen analysiert, so ist es nicht nur ein einziger Faktor, an dessen Schraube man drehen muss und für alle anderen ist es wieder gut. Es ist die hoch professionelle Vorarbeit der Stakeholder, die sich diese Situation im Tomatenbereich selbst geschaffen haben.

Erfolg kommt nicht von alleine

Wir könnten ein ganzes Buch darüber schreiben, wie dieser Erfolg zu Stande gekommen ist. Aber eines ist klar. Solche Situationen entstehen nicht von selbst oder weil das Wetter so schön war und beim Nachbarn (und somit Konkurrenten) gerade seine Kultur daneben gegangen ist. Man lebt auf Dauer nicht vom aktuellen Schaden beim Mitbewerber.

Der Verursacher dieser Erfolgsgeschichte ist von außen nicht so schnell zu erkennen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, es waren die Handelsketten mit ihrer gigantischen Werbemaschinerie. Eher das Gegenteil ist derzeit der Fall. Mit ihren Eigenmarken werben sie generell damit, dass sie das billigste Produkt einer jeden Kategorie in ihrem Regal haben.

Es waren bei den Tomaten die derzeitigen Erzeuger, die sich ihr Bett selbst gemacht haben. Ihnen gebührt meine Hochachtung.


Fritz Prem