Was hat die Versicherungsmathematik mit dem Klimawandel zu tun? Wenn eine der größten Versicherungsanstalten für Elementarereignisse ihre Arbeit verantwortungsvoll durchführt, dann muss sie auch überdimensionale Schadenserwartungen bei großen Rückversicherungsanstalten besichern. So auch die Frostereignisse der letzten beiden Jahre. Hätte sie dies nicht getan, wäre sie insolvent.
Der tatsächliche Schaden der Frostereignisse des heurigen Frühjahrs in der europäischen Obst- und Gemüseproduktion wurde von den Rückversicherungsanstalten in Summe mit 2 Milliarden Euro errechnet.
Für mich spannend waren die Ausführungen des Chefmeteorologen der größten Rückversicherungsgesellschaft Europas. Seiner Expertise zur Folge werden sich die zukünftigen Risiken eines Klimawandels und somit Kosten für Elementarversicherungen kontinuierlich erhöhen.
Er gab eine sehr einleuchtende Erklärung. Die Durchschnittstemperaturen in Europa steigen auch weiterhin kontinuierlich an. Somit ist davon aus zu gehen, dass der Vegetationsbeginn aller Kulturen generell um etwa 10 – 15 Tage nach vorne rutscht. Weiters hat das Team des Chefmeteorologen die Anzahl der Frosttage in den drei Aprildekaden und in den drei Maidekaden im langjährigen Durchschnitt erhoben. Interessant ist, dass in diesem langjährigen Betrachtungszeitraum die Häufigkeit von Frosttagen in den einzelnen Dekaden leicht sinkt. Die Überschneidung bewirkt aber, dass die ersten beiden Dekaden im April statistisch jeweils genau doppelt so viele Frosttage haben wie die letzte Dekade im April.
Wenn die Apfelblüte durch den früheren Vegetationsbeginn um etwa 10 Tage nach vorne rutscht, dann kommt sie in eine Zeit mit der statistisch abgesicherten Phase mit doppelt so vielen Frosttagen.
Ich könnte noch eine Reihe von Feinheiten aus diesem Vortrag zur Untermalung des Trends darstellen. Es ist aber so, dass es der Job des Chefmeteorologen ist, versicherungsmathematische Grundlagen dar zu stellen, auf Grund dessen die Kommerzabteilung ihre Risiken im Tagesgeschäft festmacht. Dies nicht bei irgend einem Trödlerladen, sondern bei Europas größtem Rückversicherer.
Seine Erkenntnis: das Risiko eines Schadens durch Spätfröste im Frühjahr wird sich in absehbarer Zeit verdoppeln. Somit sind Erstversicherer gefordert, einerseits ihre zukünftigen Polizzen danach aus zu richten und andererseits ist dies ein unmissverständlicher Appell an Produzenten, möglichst alle sinnvollen technischen Maßnahmen der Schadensabwehr durch Spätfröste zu ergreifen.
Forschung und Versuchsanstalten sind gefordert, neuere und noch bessere sowie effizientere Frostschutzmaßnahmen zu entwickeln, falls wir in Europa weiterhin konkurrenzfähig Obst und Gemüse erzeugen wollen.
Fritz Prem