Wenn der Lebensmittelhandel die Botschaft der Bauern transportiert, dass diese eine Vollversorgung garantieren, dann ist das die eine Seite. Sie hätten damit dieses Versprechen ein zu lösen – auch in ihrem Verhalten Richtung Bauern.
Wenn aber Bauernverbände und Bauern selbst dabei assistieren und nicht müde werden, in aller Öffentlichkeit sich zu rühmen, dass sie immer und jederzeit sich abrackern, damit eine Vollversorgung der gesamten Bevölkerung gegeben ist, dann haben sie nach den ungeschriebenen Spielregeln des Marktes einen Trumpf in der Vermarktung aus der Hand gegeben.
Sie liefern immer – ohne wenn und aber.
Dankbarkeit zu erwarten ist hier keine Kategorie
Wenn ich als Anbieter nicht die freie Wahl habe, bei einem zu tiefen Preisgefüge am Markt kein Produkt für den Kunden zu produzieren, dann habe ich eine Spielregel des Marktes missachtet.
Der Produzent hat sich ja damit moralisch verpflichtet, immer zu liefern.
Der Aufkäufer ist damit aus der Pflicht entlassen, für ein Preisgefüge zu sorgen, damit sein Lieferant kaufmännisch wirtschaften kann. Der Produzent liefert sowieso immer, er hat es ja über seine Vertreter dem Konsumenten versprochen.
Solche Verhaltensmuster haben eine langfristige Auswirkung. Wenn sich Bauern nicht mehr wirtschaftlich an ihr Versprechen halten können um den Markt voll zu versorgen, dann hören sie auf. Unweigerlich und endgültig.
Langfristig destruktive Wirkung
Bei der Milchproduktion ist diese Entwicklung bereits voll im Gang. Für bestehende Molkereien ist damit zu wenig Rohstoff vor Ort. Die Molkereien haben ein wirtschaftliches Problem und müssen Rohstoff von anderswo her bekommen. Sie damit müssen auch vom Begriff „Regional“ Abschied nehmen.
In der Obstsparte sehe ich eine gleich gelagerte Entwicklung bereits im Gange.
Bauernhöfe mit Obstproduktion finden mittlerweile wieder schwer Nachfolger. Extensivierungsvarianten auf Grund der massiv gestiegenen Pflanzenschutzmittel- und Düngemittelpreise bringen unweigerlich einen langsamen Rückgang der Erträge.
Die Marktmittler bringen zu wenig Geld vom Markt
Obsthändler vor Ort bekommen damit mittelfristig weniger Mengen und damit weniger Fixkostenträger ins Haus. Sie müssen daher ihre Lager an branchenfremde Mieter weiter geben oder handeln in Zukunft mit Äpfeln aus Polen, Chile oder Neuseeland. Haben sie das wirklich so gewollt?
Zusammenfassend sei Ursache und Wirkung festgehalten:
Erzeuger verstoßen gegen die ungeschriebenen Spielregeln des Marktes.
Es kommt damit zu wenig Geld vom Markt zum Erzeuger.
Verursacher von zu wenig Geld für die Produzenten sind nicht die Konsumenten, sondern die Marktmittler dazwischen.
Fritz Prem