Der Großteil vom Frischmarkt ist ein stark emotions-getriebenes Geschäft. An zweiter und dritter Stelle stehen Angebot/Nachfrage und Preis. Für generelle Entscheidungen steht an erster Stelle das Gefühl, ob es ein gutes Geschäft werden könnte oder nicht.
Dazu ein paar Beispiele gefällig?
Wenn kommende Woche bei der Prognosfruit in Belgien ein Helwig Schwartau die Ernteprognose für Äpfel in Europa interpretieren wird, so steigt oder sinkt die Stimmung für den Start in die neue Saison. Wenn bei dieser europäischen Leitveranstaltung mehr als die für den EU-Markt gebrauchten 11,5 Mio Tonnen Äpfeln prognostiziert werden und zusätzlich erklärt wird, dass davon der Großteil schöne Ware ist, dann wird der Start in die neue Saison angespannt.
Wenn aber knapp unter dieser Erfahrungsmarke die gesamteuropäische Ernte prognostiziert wird, und zusätzlich berichtet wird, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil Qualitätsmängel hat und für den Frischmarkt nicht geeignet ist, dann stehen die Daumen für den neuen Saisonstart im Frischmarkt eindeutig nach oben.
Noch eindeutiger von Emotionen getrieben ist der Industrie-Apfelmarkt. Als langjähriger Teilnehmer der Prognosfruit könnte man dabei ein Trendbarometer über die Jahre mit aufzeichnen. Eine der wenigen Ausnahmen war die letzte Saison, wo die Obergrenzen bei den Verarbeitungskapazitäten der Industrie den Takt vorgegeben haben.
Der Verband der Fruchtsaftindustrie Deutschlands hat bereits im Vorlauf zur Prognosfruit seine Ernteerwartung für den deutschen Streuobstbau veröffentlicht: statt 1,1 Mio Tonnen im Jahr 2018 nur ein Drittel davon im Erntejahr 2019.
Es wird spannend, welche Argumente und Emotionen die Vertreter der Saftindustrie bei dieser Leitveranstaltung vorbringen werden, um nicht doch auf Grund dieser Situation zu viel für den knapperen Rohstoff auslegen zu müssen.
Wie gesagt, es geht bei dieser Veranstaltung darum, ein Gefühl für den Start der Saison zu bekommen. Je punkt-genauer der eigene Start auf Grund der Informationen gelingt, desto besser ist der Vorsprung auf den Rest in der Branche. Ein wenig flotter oder ein wenig zäher läuft dann die weitere Kampagne mit zunehmender Fortdauer, aber eben auf einem etwas höheren oder tieferen Niveau – je nach Emotion beim Start.
Es ist gut so, dass nicht ausschließlich Technokraten ein Marktgeschehen vorausberechnen können. Eine emotionale Komponente entscheidet bei jedem Geschäft über die Stellung des Daumens am Ende der Kampagne.
Fritz Prem