Ausgerechnet jetzt, wo die Pflanzen ihre zarten Triebe nach der wärmenden Frühlingssonne ausstrecken, haben die klaren, kalten Nächte noch Minusgrade parat. Während Gärtner ihr vorgezogenes Gemüse im Gewächshaus schützen, setzen Obstbauern auf die sogenannte Frostschutzberegnung, berichtet der Landvolk-Pressedienst.
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Sobald die Wetterdienste Minusgrade vorhersagen, machen sie sich nach Einbruch der Dunkelheit auf den Weg zu ihren Plantagen und lassen einen feinen Sprühregen auf ihre Obstbäume rieseln. Nach einiger Zeit überzieht dann ein dicker Eispanzer die Äste und vor allem die Blütenanlagen. Durch die freigesetzte Kristallisationswärme des immer wieder gefrierenden Wassers sinkt die Temperatur im Inneren des Eispanzers nur knapp unter den Nullpunkt, und die Blüten sind geschützt. „Fällt zu wenig Wasser, tritt das Gegenteil ein“, erläutert Harm Nöhre vom Nöhrenhof in Lehrte. Dann fühle sich der Baum wie ein Mensch, der nass aus der Dusche kommt: er friert. „Durch den Wechsel des Aggregatzustandes von flüssig zu gasförmig wird Energie entzogen“, erklärt der Direktvermarkter. Es komme zur sogenannten Verdunstungskälte. Erst bei einer zentimeterdicken Eisschicht um die Äste ist er zufrieden: Es wird die Erstarrungswärme frei. Angst um die zarten Äste seiner Apfelbäume hat Nöhre dabei nicht: „Die Bäume können mehr Eis tragen als Äpfel“, ist er zuversichtlich.
Diese Art des Frostschutzes eignet sich neben Apfelbäumen auch für Birnen, Heidelbeeren, Kirschen und Erdbeeren. Je nach Fruchtart gibt es unterschiedliche kritische Pflanzentemperaturen. „Wir messen neben der normalen Trockentemperatur auch immer die Feuchttemperatur“, erläutert Nöhre. Diese – auch als gefühlte Temperatur bekannte Gradzahl – liegt deutlich niedriger und ist für den Landwirt entscheidend. Sinkt sie unter null Grad, wirft er die Beregnung an und lässt sie meist etwa zwölf Stunden laufen. „Wir wissen nicht, wieviel Grad die Blüten im Moment noch vertragen, deshalb gehen wir auf Nummer sicher“, sagt der Obstbauer. Außerdem sei die Beregnung bei niedrigeren Temperaturen kaum noch in Gang zu bekommen. Bei einer Wassermenge von vier Litern pro Quadratmeter und Stunde kommen pro Nacht mit fast 50 Litern pro Quadratmeter große Wassermengen zusammen, und bei mehreren Frostnächten hintereinander natürlich noch mehr. Weil bei dem Vorgang jedoch das immer wieder gefrierende Wasser entscheidend ist, läuft die Frostberegnung bis die Feuchttemperatur über Null Grad liegt und das Eis wieder anfängt zu tauen. „Dann sieht es milchig aus“, berichtet Nöhre. Er ist froh, seine Blüten schützen zu können, bangt aber bei den hohen Wassermengen um die Befahrbarkeit der Plantage. (LPD
Quelle Landvolk Niedersachsen
Veröffentlichungsdatum: 03. April 2020