Seit März steht der Gemüsemarkt in Deutschland, aber auch europaweit unter dem Einfluss der Corona-Krise. Auswirkungen sind sowohl in der Produktion als auch im Transport, im Handel und in der Verbrauchernachfrage zu spüren. Manche Effekte waren nur temporär, wie z.B. die deutlich gesteigerte Nachfrage im Rahmen von Hamsterkäufen. Andere Effekte werden noch länger zu spüren sein, z.B. dann, wenn das Fehlen von Arbeitskräften dazu geführt hat, dass weniger Gemüse gepflanzt wurde.
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Wie wird sich die Corona-Krise langfristig auf Angebot, Nachfrage und Preise auswirken? Diese aktuellen Fragen kann die gerade erschienene AMI Markt Bilanz Gemüse noch nicht beantworten. Sie hilft aber dabei, das aktuelle Geschehen einzuordnen und kurzfristige Entwicklungen von langfristigen Trends zu unterscheiden.
Auch abseits der aktuellen Entwicklungen stellt der Gemüsemarkt alle Beteiligten immer wieder vor neue Herausforderungen. Da gibt es auf der einen Seite witterungsbedingte Schwankungen im Angebot und auf der anderen Seite Veränderungen in der Einkaufs- und Verzehrgewohnheiten der Verbraucher. Wie hat sich der Markt 2019 nach dem Extremjahr 2018 entwickelt?
Größere Gemüseernte als 2018
Nach dem witterungsbedingten Einbruch der Freilandgemüseernte in Deutschland im Jahr 2018 wurde 2019 wieder mehr Gemüse geerntet. Dabei spielten im Wesentlichen höhere Erträge eine Rolle, denn die Anbaufläche für Gemüse im Freiland hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Bei einzelnen Kulturen gab es schon Veränderungen. Diese heben sich in der Gesamtbetrachtung allerdings auf.
Der Sommer 2019 war ähnlich wie der Sommer des Vorjahres von Witterungsextremen geprägt. Es war erneut lange Zeit trocken, zudem sind die Temperaturrekorde reihenweise gepurzelt. Allerdings waren die Hitzeperioden kürzer als 2018. Zudem gab es 2019 anders als im Jahr zuvor später Regenfälle im Herbst, die insbesondere bei Lagergemüse wie Möhren und Kopfkohl zu späten Zuwächsen und hohen Erträgen geführt haben. Insgesamt haben sich viele Gemüsekulturen im Jahresverlauf 2019 gleichmäßiger entwickelt als im Jahr zuvor. Das zeigt sich nun auch in den Zahlen zur Gemüseernte 2019. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2019 insgesamt rund 3,71 Mio. t Gemüse im Freiland geerntet. Das waren knapp 14 % mehr als im Vorjahr, und auch der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre wurde um knapp 7 % übertroffen. In das Fünfjahresmittel fließen mit den Jahren 2015 und 2018 aber auch zwei Jahre ein, in denen die Gemüseernte gering ausfiel.
Weniger Gemüse aus konventioneller Produktion in der Werbung
Die Zahl der Werbeanstöße für frisches Gemüse und Kartoffeln im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ist 2019 leicht zurückgegangen. Insbesondere zu Jahresbeginn und im Weihnachtsgeschäft wurde weniger Gemüse beworben. Dafür waren die Herbstaktionen in einzelnen Wochen stärker ausgeprägt als 2018. Die Feiertagswochen erwiesen sich 2019 erneut als Werbeschwerpunkte, wobei die Osterwoche die mit Abstand stärkste Woche ist.
Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland hat 2019 insgesamt 21.240-mal mit frischem Gemüse (inkl. Kartoffeln) geworben. Damit war die Zahl der Werbeanstöße um gut 1 % niedriger als im Jahr zuvor. Von der gesamten Zahl an Werbeanstößen entfielen 17.608 auf Gemüse aus konventioneller Produktion. Das waren fast 4 % weniger als im Jahr zuvor. Gleichzeitig ist die Zahl der Werbeanstöße für Bio-Gemüse um 11 % auf 3.632 gestiegen. Der Anteil von Bio-Gemüse an den Angebotsaktionen hat sich dadurch um 17 % erhöht. Das zeigt eine Analyse auf Basis von AMI Aktionspreise im LEH.
Über das gesamte Jahr 2019 waren 107 Gemüsearten mindestens einmal in den Werbezetteln vertreten. Das waren 5 weniger als im Jahr zuvor. Einige Arten tauchen jedoch nur sehr selten in der Werbung auf. Bei 25 Gemüsearten wurden 2019 nur 10 oder weniger Werbeanstöße verzeichnet. Dem stehen die häufig beworbenen Gemüsearten gegenüber. 46 Gemüsearten waren jeweils mindestens 100-mal im gesamten Jahr in Aktionen vertreten. Auf die Top-10 der am häufigsten beworbenen Arten entfielen im vergangenen Jahr rund 52 %. Damit ist der Anteil der ohnehin bereits stark beworbenen Arten nochmals gestiegen.
Während die Top-10 2018 in ihrer Zusammensetzung unverändert geblieben war, gab es 2019 neben zwei Positionswechseln auch tatsächlich eine Veränderung in der Zusammensetzung der Top-10. Weil Zwiebeln deutlich weniger beworben wurden als im Vorjahr, mussten sie ihren Platz in der Top-10 räumen. Salatherzen konnten diesen Platz für sich gewinnen.
Nachfrage der privaten Haushalte leicht verbessert
Die Haushalte in Deutschland haben 2019 wieder verstärkt zu Frischgemüse gegriffen, auch wenn sie dafür insgesamt mehr bezahlten als vor Jahresfrist. Im Tomatensegment setzt sich die Tendenz zu kleinfrüchtigen Varianten fort. Bei Möhren und Zwiebeln konnten vor allem die Mengen an Bio-Ware gesteigert werden. Überhaupt konnte der Bio-Gemüseabsatz erneut stark zulegen. Nach wie vor sind Discounter die wichtigsten Einkaufsstätten für Frischgemüse.
In Deutschland kaufte ein Haushalt 2019 durchschnittlich 71,31 kg Frischgemüse ein, so die AMI Analyse der GfK Paneldaten. Damit wird das niedrige Niveau des Vorjahres um etwa 1 % überschritten, die Mengen der Jahre 2017 und 2016 werden jedoch knapp verfehlt. Keine Euphorie, aber doch eine gewisse Stabilität, das ist vielleicht die eher ernüchternde Bilanz in Zeiten, in denen gesunde Ernährung mit Gemüse einen hohen Stellenwert hat, vor allem in der Diskussion um rückläufigen Fleischverzehr.
Mit durchschnittlich 184,77 EUR zahlten die Haushalte in Deutschland mehr für ihre Gemüsekäufe als je zuvor. Gegenüber den bereits hohen Ausgaben 2018 ergibt sich eine erneute Zunahme um 5 %. Ein solcher Anstieg kann zwei Gründe haben. Zum einen führen hohe Durchschnittspreise für viele Gemüsearten zu höheren Ausgaben; aber auch Verschiebungen im Sortiment, d.h. ein deutliches Mengenplus bei sehr hochpreisigen Arten, kann zu einem Anstieg der Ausgaben führen. Für das Jahr 2019 gilt überwiegend Ersteres. Von den TOP-10 Produkten bezogen auf die Einkaufsmengen wurden für 8 Produkte höhere Einkaufspreise als im Jahr zuvor ausgewiesen. Dies mag erstaunen, haben wir doch das Hitze- und Trockenjahr 2018 mit knapper Warenverfügbarkeit und hohen Preisen vor Augen. Allerdings haben sich die Auswirkungen dieses Hitzesommers bei den Lagergemüsen bis in den Frühsommer 2019 hineingezogen. Unterstützt wurden die stabilen Preise durch ein spätes kaltes Frühjahr im April und Mai 2019, so dass sich die Frühgemüsekulturen nur zögerlich entwickelten. Die Hitzetage im Juli führten wiederum zu begrenzten Angebotssituationen bei empfindlichen Arten wie Salaten, so dass es kaum Angebotsschwemmen mit entsprechenden Preistälern gab.
Um die aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise einordnen zu können, ist es wichtig Referenzwerte zu haben. Wie groß ist die Nachfrage im Durchschnitt mehrere Jahre zu einer bestimmten Zeit im Jahr? Wie entwickeln sich die Preise unter bestimmten Rahmenbedingungen? Bei der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen helfen die langen Zeitreihen in der AMI Markt Bilanz Gemüse. Sie ermöglichen einen Vergleich der Ist-Situation mit der Vergangenheit und damit eine sachliche und fundierte Einordnung.
Wie haben sich die Rahmenbedingungen 2019 auf das Angebot, die Nachfrage und die Preise ausgewirkt? Als Antwort auf diese Fragen haben die AMI Marktexperten in der AMI Markt Bilanz Gemüse umfangreiche Fakten und Daten zu Erntemengen von Gemüse in Deutschland, Europa und der Welt, zum Außenhandel, zur Preissituation und zur Nachfrage zusammengestellt. Nutzen Sie die Jahrbücher als wichtige Grundlage für Ihre strategischen Entscheidungen: Sie haben die Wahl zwischen der Buchausgabe im handlichen A5-Format für den Schreibtisch oder dem eBook plus als pdf-Dokument mit allen Kennzahlen als Excel-Tabellen. Beide Ausgaben können Sie bequem online bestellen.
Quelle und Copyright: AMI-informiert.de (AMI, 15.04.2020)
Veröffentlichungsdatum: 16. April 2020