Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) ist inzwischen in vielen Gegenden Europas verbreitet. In Südtirol wird dieses aus Asien stammende invasive Insekt seit 2016 beobachtet. Die Baumwanze befällt verschiedene landwirtschaftliche Kulturen und kann in der lokalen Obstwirtschaft große Schäden verursachen.
Von der Samurai-Wespe parastiertes Eigelege der Marmorierten Baumwanze. © Versuchszentrum Laimburg
Am Versuchszentrum Laimburg wird der Schädling seit 2016 untersucht. „Um eine wirksame Strategie zur Bekämpfung der bisher hierzulande nicht bekannten Wanze entwickeln zu können, mussten wir erst einmal Verhalten und Biologie der Wanze ergründen“, erklärt der Leiter des Instituts für Pflanzengesundheit am Versuchszentrum Laimburg, Klaus Marschall.
Derzeit prüfen und entwickeln unsere Experten verschiedene Maßnahmen zur Regulierung der Wanze. Dazu stehen wir auch mit Forschungs- und Beratungsinstitutionen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene im Austausch. „Die Freisetzung der Samurai-Wespe ist ein wertvoller Beitrag, um invasive Schädlinge auf natürliche Weise zu regulieren und größere Schäden in unseren Obstwiesen zu verhindern”, betont Agrarlandesrat Arnold Schuler. „Die Bekämpfung von Schädlingen durch natürliche Gegenspieler ist Teil unserer Strategie, unsere Landwirtschaft noch nachhaltiger für alle Beteiligten – Bevölkerung, Landwirte, Fauna und Flora – zu gestalten.“
Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) © Versuchszentrum Laimburg
Maßnahmen zur Regulierung der Marmorierten Baumwanze
Auf der Grundlage der gewonnen Erkenntnisse über das Verhalten des Schädlings wurden am Institut für Pflanzengesundheit in einem zweiten Schritt verschiedene Maßnahmen zu dessen Regulierung getestet. Bislang stützten sich die Maßnahmen zur Regulierung der Marmorierten Baumwanze in Südtirol, aber auch in den anderen betroffenen Regionen auf den Einsatz chemischer Insektizide und die Verwendung von Insektenschutznetzen. Langfristig sind jedoch nachhaltigere Strategien wie die biologische Bekämpfung mittels eines natürlichen Gegenspielers notwendig und wünschenswert. In Asien wird die Marmorierte Baumwanze auf natürliche Art und Weise, nämlich durch bestimmte Parasitoide wie die Samurai-Wespe (Trisssolcus japonicus), in Schach gehalten. Dieser „natürliche Gegenspieler“ aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet des Schädlings in Asien soll nun auch hierzulande eingesetzt werden, um die Populationsdichte der Baumwanze auch in Südtirol soweit zu verringern, dass diese keine Gefahr für die heimischen Kulturen mehr darstellt. „Erste Laborversuche in der Schweiz, China oder den USA haben ergeben, dass die Samurai-Wespe 90 bis 100 % der Eier der Baumwanze parasitieren kann“, berichtet Entomologin Silvia Schmidt.
Nachzucht und Freisetzung der Samurai-Wespe
Was bisher im Labor versucht wurde, soll im Sommer 2020 dann auch im Freiland glücken. „Bei der Samurai-Wespe handelt es sich um einen ca. 2 mm kleinen eierfressenden Parasitoiden, der die Eigelege der Marmorierten Baumwanze parasitiert. Er legt seine Eier in den Eigelegen der Baumwanze ab und hindert diese so daran, sich zu vermehren“, erklärt Expertin Martina Falagiarda von der Arbeitsgruppe Entomologie.
Von der Samurai-Wespe parastiertes Eigelege der Marmorierten Baumwanze. © Versuchszentrum Laimburg
Um die Samurai-Wespe erfolgreich freisetzen und damit ihre Ansiedelung in Südtirol fördern zu können, muss das Insekt nachgezüchtet werden. Dies ist seit Mai 2020 in Italien erlaubt und wird vom nationalen Pflanzenschutzdienst und vom nationalen Forschungsinstitut CREA (Consiglio per la ricerca in agricoltura e l’analisi dell’economia agraria) koordiniert. Für die Autonome Provinz Bozen – Südtirol ist das Versuchszentrum Laimburg mit der Nachzucht der Samurai-Wespe zwecks biologischer Regulierung der Marmorierten Baumwanze beauftragt worden.
Für die Nachzucht der Samurai-Wespe braucht es – ironischerweise – den Schädling selbst, also Marmorierte Baumwanzen. Diese Wanzen werden am Versuchszentrum Laimburg gezüchtet, damit sie Eigelege produzieren, die die Samurai-Wespe parasitieren und sich so vermehren kann. Je mehr Eier der Marmorierten Baumwanze zur Verfügung stehen, umso größer die Anzahl vermehrter Parasitoide, die zur Bekämpfung der Marmorierten Baumwanze im Feld freigesetzt werden können.
Am 7. Mai ist das erste für die Nachzucht der Samurai-Wespe erforderliche Vermehrungsmaterial über den Pflanzenschutzdienst Bozen am Versuchszentrum Laimburg eingetroffen: “Wir haben zwölf durch die Samurai-Wespe parasitierte Eigelege der Marmorierten Baumwanze erhalten und am 14. Mai außerdem noch 25 Adulttiere der Samurai-Wespe. Damit können wir mit der Nachzucht beginnen”, erklärt Martina Falagiarda.
Ab Juni 2020 soll die Samurai-Wespe freigesetzt werden, um deren Ansiedlung in Südtirol zu fördern und damit eine nachhaltige Regulierung der Marmorierte Baumwanze zu ermöglichen.
Sammlung Marmorierter Baumwanzen für die Nachzucht der Samurai-Wespe
Das Versuchszentrum Laimburg hat in der Vergangenheit bereits mehrmals die Bevölkerung dazu aufgerufen, Funde Marmorierter Baumwanzen zu melden und die Wanzen beim Versuchszentrum abzugeben. Ging es in der Vergangenheit darum, Baumwanzen zu züchten, um deren Verhalten und Biologie zu studieren, sind sie jetzt gefragt, um die Samurai-Wespe zu vermehren.
Darum ergeht erneut der Aufruf an die Bevölkerung: Wer Gegenden kennt, in denen besonders viele Individuen der Marmorierten Baumwanze vorkommen (> 30 lebendige Individuen), ist gebeten, dies dem Versuchszentrum Laimburg zu melden. Die Mitarbeiter des Versuchszentrums kümmern sich um die Abholung der Wanzen.
Quelle: Versuchszentrum Laimburg
Veröffentlichungsdatum: 04. Juni 2020