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Studie: Niedrigere Mehrwertsteuer kommt kaum bei Verbrauchern an

Die Senkung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli von 19 auf 16 Prozent und bei Lebensmitteln von sieben auf fünf Prozent war eine der Maßnahmen, mit der die Große Koalition die Nachfrage anregen und die schwächelnde Wirtschaft stärken wollte.

Grafik © MyDealz
Die Preise für einzelne Produkte haben sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt. So stark sind die Preise in einzelnen Warengruppen gesunken. Grafik © MyDealz

Was Umfragen wie die des Fachmagazins „Ibusiness.de“ schon im Juni vermuten ließen, ist nun aber eingetreten: Verbraucher profitieren kaum von der niedrigeren Mehrwertsteuer: Im Vergleich zum Juni sind die Preise für die Mehrheit der Produkte zwar gesunken, im Schnitt aber nur um 1,13 Prozent. Das zeigt eine Studie des Verbraucherforums mydealz.de.

Die Skepsis war schon im Vorfeld groß. Die Senkung der Mehrwertsteuer, die Angela Merkel als „Kern“ bezeichnete und Markus Söder fast unisono zum „Herzstück“ des Konjunkturpakets erklärte, löste nur bei wenigen Verbrauchern Vorfreude aus. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erwartete allenfalls eine „Teil-Entlastung auf der Nachfrageseite“ und viele Verbraucher dachten ähnlich: Nur 20 Prozent der 5.002 Deutschen, die das Marktforschungsinstitut Civey für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ befragte, glaubten, die Unternehmen reichten die Senkung der Mehrwertsteuer an die Verbraucher weiter. 64 Prozent der befragten Verbraucher waren sich indes sicher, nicht von der Mehrwertsteuerreform zu profitieren.

Wie richtig sie damit lagen, zeigt nun eine Studie des Verbraucherforums mydealz. mydealz hat Mitte Juni und Anfang Juli händlerübergreifend die durchschnittlichen Marktpreise von insgesamt 1.000 Produkten aus zehn verschiedenen Warengruppen ermittelt. Der direkte Vergleich zeigt: Verbraucher profitieren kaum von der niedrigeren Mehrwertsteuer. Zwar sind 56,01 Prozent der Produkte heute günstiger als noch Mitte Juni. Nur bei 29,76 Prozent der analysierten Produkte ist der Preis jedoch um mehr als 2,5 Prozent gesunken. Jedes vierte Produkt (25,35 Prozent) war bei der zweiten Stichprobe am 1. und 2. Juli sogar teurer als bei der ersten Stichprobe, die mydealz am 9. und 10. Juni durchgeführt hat.

Die Preise sind im Schnitt um 1,1 Prozent gesunken
 
Eine um drei Prozent niedrigere Mehrwertsteuer bringt für Verbraucher rein rechnerisch einen Preisvorteil von 2,5 Prozent – wenn Händler den Steuervorteil an ihre Kunden weiterreichen. Wie sehr Händler einzelner Warengruppen dieser Bitte der Bundesregierung nachkommen, macht der direkte Vergleich deutlich. Die 1.000 von mydealz für die Stichprobe zufällig ausgewählten Produkte kosteten Mitte Juni durchschnittlich 144,77 Euro. Anfang Juli betrug ihr Preis 143,13 Euro, also 1,13 Prozent (1,63 Euro) weniger. In absoluten wie in relativen Zahlen fällt der Preisvorteil also insgesamt dürftig aus. Nicht für alle Warengruppen aber zeigte sich der gleiche Preistrend.

„Versuch der Bundesregierung muss wohl als wenig geglückt gelten“
 
„Der gutgemeinte Versuch der Bundesregierung, Verbraucher per Gesetz von sinkenden Preisen profitieren zu lassen, muss zumindest für den Moment wohl als wenig geglückt gelten“, fasst mydealz-Gründer Fabian Spielberger die Ergebnisse der Stichprobe zusammen. Händlern könne man dies aber nicht zwingend vorwerfen, führt Spielberger aus. „Die Mehrwertsteuer hatte einen Anteil von 19, bei Lebensmitteln sogar nur von sieben Prozent des Bruttopreises“, führt Spielberger aus. „Andere Faktoren wie die Produktion, Logistik und natürlich auch das Personal spielen bei der Preisgestaltung eine wesentlich größere Rolle und in diesen Bereichen sind die Kosten teilweise deutlich gestiegen.“ Auch wenn Händler den Steuervorteil an ihre Kunden weitergäben, könne es sein, dass der Steuervorteil von steigenden Kosten in anderen Bereichen aufgesogen werde.

Hinzu komme, so Spielberger weiter, dass man Preisschwankungen von drei und oft sogar mehr Prozent im Online-Handel regelmäßig beobachten könne. „Um wirklich Einfluss auf den Preis und die Nachfrage zu nehmen, braucht es schon radikalere Mittel als eine nur leichte Steuersenkung. In Mexiko etwa verzichtet der Staat jedes Jahr zum El Buen Fin komplett auf die Mehrwertsteuer und schafft so substantielle Kaufimpulse.“ Das El Buen Fin dauere aber nur ein Wochenende, nicht ein halbes Jahr, gibt Spielberger zu bedenken.

Quelle: mydealz

Veröffentlichungsdatum: 07. Juli 2020