Es klingt paradox, aber in geringen Mengen können Unkrautbekämpfungsmittel wie Glyphosat das Pflanzenwachstum sogar fördern. Die Bedeutung dieser so genannten Hormesis für Landwirtschaft, Umwelt und Natur erforschen Agrarökologen im Team von PD Dr. Regina Belz an der Universität Hohenheim in Stuttgart.
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Dabei ist „Hormesis wesentlich mehr als nur die simple Förderung des Pflanzenwachstums,“ erläutert sie. Denn der Effekt ist vielschichtig und hängt von sehr vielen Faktoren ab. Angefangen bei den genetisch festgelegten Eigenschaften der jeweiligen Pflanzen, über die Wachstumsbedingungen bis hin zur Dosierung des Herbizids und dessen Zusammenspiel mit anderen Umwelteinflüssen, wie Bodenverhältnissen, Wetter, Düngung, aber auch anderen Schadstoffen oder sogar Substanzen, die von den Pflanzen selbst abgegeben werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt „HerbBi“ mit rund 354.190 Euro. Damit zählt es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.
Die Dosis macht das Gift – was Paracelsus einst als Grundregel für die Entwicklung von Heilmitteln für den Menschen formulierte, gilt auch für Pflanzen: Giftige Substanzen wie Unkrautbekämpfungsmittel können das Pflanzenwachstum durchaus fördern, sofern ihre Konzentration nicht zu hoch ist.
Die Agrarwissenschaftlerin PD Dr. Regina Belz beschäftigt sich an der Universität Hohenheim schon länger mit diesem Phänomen: „Hormesis kann nicht nur durch Herbizide ausgelöst werden, sondern auch durch andere Pestizide und Umweltschadstoffe, darunter auch Ozon. Selbst natürliche Metabolite von Pflanzen können diesen Effekt verursachen.“ Sie vermutet, dass der Stress, den ein Giftstoff verursacht, Reaktionen in den Zellen auslöst, die letztendlich zu einer Art „Abhärtung“ führen und die Pflanze fitter gegen erneute Stresseinwirkungen machen.
Ihr besonderes Interesse gilt den Auswirkungen, die dieses Phänomen für die Pflanzenproduktion, die Unkrautbekämpfung und andere Pflanzen haben kann, die nicht Ziel der Bekämpfungsmaßnahmen sind.
Hormesis hat potenziell Auswirkungen auf Landwirtschaft, Umwelt und Evolution
Dabei sieht sie zwei relevante Aspekte: Einerseits könnten niedrige Herbizid-Dosierungen genutzt werden, um den Ertrag von Kulturpflanzen zu fördern und Kulturpflanzen stressresilienter zu machen. Andererseits tritt Hormesis auch bei regulären Herbizidanwendungen auf, wenn Kulturen, Unkräuter oder Wildpflanzen auf der behandelten Fläche oder darüber hinaus versehentlich niedrigen Dosierungen ausgesetzt sind, z. B. weil die Wind- und Wetterverhältnisse ungünstig sind.
Quelle: Uni Hohenheim
Veröffentlichungsdatum: 05. August 2020