Am Freitag, 7. August 2020 fand die alljährliche Lagerungstagung statt, bei der Wissenschaftler des Versuchszentrums und externe Experten neue Erkenntnisse zur Obstlagerung an die Praxis weitergeben.
Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe „Lagerung und Nacherntebiologie“ gehört die Prüfung und Optimierung verschiedener Lagerungstechnologien. Foto © Versuchszentrum Laimburg
Auf dem Programm der Tagung standen aktuelle Themen wie die Vorerntebehandlung mit dem Ethylenblocker HarvistaTM sowie Untersuchungen zur Behangdichte, Erntetechnik und zu verschiedenen Lagertechnologien zur Erhaltung der Fruchtqualität.
Kurz vor Beginn der Ernte- und damit auch der Lagerungssaison fand am Freitag, 7. August die traditionelle Lagerungstagung des Versuchszentrums Laimburg statt. Ziel der alljährlich stattfindenden Tagung ist es, Fachpersonen des Bereichs Obstlagerung aber auch der interessierten Öffentlichkeit Einblick in laufende Versuche zu bieten, aktuelle Forschungsergebnisse des Versuchszentrums Laimburg vorzustellen aber auch über neue Entwicklungen des Sektors zu informieren. Aufgrund der Covid-19-bedingten Ausnahmesituation fand die Veranstaltung erstmals digital statt und wurde aus den Studios der Messe Bozen übertragen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten sich per Link zuschalten und ihre Fragen per Chat stellen. „Das Versuchszentrum Laimburg ist Südtirols Forschungseinrichtung für die Landwirtschaft. Uns ist es wichtig, dass die Ergebnisse, die wir erarbeiten, in der Südtiroler Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung angewandt werden“, betonte Laimburg-Direktor Michael Oberhuber zur Eröffnung der Tagung. „Der Zeitpunkt kurz vor Beginn der Erntesaison ist eine gute Gelegenheit, um Forschung und Praxis zusammenzubringen und neue Erkenntnisse an den gesamten Obstsektor weiterzugeben“, fügte der Leiter der Arbeitsgruppe „Lagerung und Nacherntebiologie“ des Versuchszentrums Laimburg, Angelo Zanella, hinzu.
Das breit gefächerte Programm der Tagung reichte von Untersuchungen zum Einfluss von Behangdichte und Erntetechnik auf die Qualität von Golden Delicious über Erfahrungen mit der Vorerntebehandlung mit HarvistaTM (1-MCP) und Erkenntnissen aus der Simulation extremer Transport- und Shelf-Life-Bedingungen bis hin zum Einfluss der Witterung auf die Obstqualität.
Auswirkungen der Behangdichte und der Erntetechnik auf die innere und äußere Qualität von Golden Delicious im Vinschgau
Die Sorte Golden Delicious befindet sich aktuell in einer Absatzkrise. Nur besonders hochwertige Qualitäten erzielen auf dem Markt zufriedenstellende Preise. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die Farbe nicht zu grün, aber andererseits auch nicht zu gelb ist. Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe „Lagerung und Nacherntebiologie“ einen Kombinationsversuch im Freiland und in der Lagerung durchgeführt, um zu untersuchen, wie sich Behangdichte und Erntetechnik auf die innere und äußere Qualität von Golden-Delicious-Äpfeln auswirken. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Farbe. „Die innere Qualität wurde durch die unterschiedlichen Versuchsvarianten kaum beeinflusst, wenn, dann allenfalls leicht der Zuckergehalt“, erklärte Oswald Rossi. „Bei der äußeren Qualität waren hingegen waren deutliche Auswirkungen auf die Fruchtgröße festzustellen. Die Fruchtfarbe wurde ebenfalls beeinflusst, und zwar je nach Variante sowohl positiv als auch negativ.“
HarvistaTM: eine neue Technologie zur Optimierug der Fruchtqualität und des Erntemanagements
1-Methylcyclopropen (1-MCP) verhindert, dass sich das an Reifeprozessen beteiligte Pflanzenhormon Ethylen an seine Rezeptoren anbindet und wird im Obstlager zur Verzögerung der natürlichen Alterung von Obst und Gemüse eingesetzt. Da das Patent auf den Wirkstoff inzwischen verfallen ist, steht 1-MCP in verschiedenen Formulierungen bzw. Technologien zur Verfügung. Bei HarvistaTM handelt es sich um eine auf 1-MCP basierende Formulierung, die bereits in der Obstanlage auf Äpfel oder Birnen angewandt werden kann und die Reifung der Früchte verzögert. Dadurch, so erklärte Alessandro Ceccarelli von der Herstellerfirma AgroFresh, ergeben sich für den Anbauer verschiedene Vorteile entlang der gesamten „Produktionskette“: Die Überwachung der Fruchtreifung im Feld soll es ermöglichen die Ernte besser zu planen, den Einsatz der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte zu optimieren und nicht zuletzt die Qualität der Früchte (Erhaltung der Festigkeit der Früchte, Steigerung der Stückgröße, Reduktion von Vorerntefruchtfall und von Schäden durch Aufspringen („Cracking“), Erhaltung der Grundfarbe und Verbesserung der Deckfarbe) zu verbessern. In den letzten Jahren wurde HarvistaTM in vielen Obstanbaugebieten Europas und getestet. Das Produkt wird bereits in einigen Ländern weltweit eingesetzt. In Italien hat das Produkt für die Apfel- und Birnenernte 2020 vom Gesundheitsministerium eine Sondergenehmigung für 120 Tage ab 30. Juni 2020 erhalten: Es darf im Ausnahmezustand eingesetzt werden, um den wahrscheinlichen Mangel an Arbeitskräften infolge der internationalen Einschränkungen durch Covid-19 zu bewältigen.
1-MCP in der Obstanlage: Der Einfluss von HARVISTATM auf Reifeverlauf, Qualität und Lagerfähigkeit von Gala und Golden Delicious Äpfeln
Am Versuchszentrum Laimburg wird die Vorerntebehandlung in der Obstanlage mit dem Wirkstoff 1-MCP in Form von HarvistaTM bereits seit 2017 umfassend geprüft. Ziel der Untersuchungen ist es die Technologie unter Südtiroler Anbau- und Witterungsbedingungen zu testen, um der Südtiroler Obstwirtschaft eine wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlage bezüglich der Anwendung dieser Vorerntetechnologie liefern zu können. Die Experten des Versuchszentrums haben darum die für Südtirol wichtigen Sorten Gala und Golden Delicous näher untersucht, in den folgenden Jahren können weitere Sorten folgen. Untersucht wurde die Wirksamkeit der HarvistaTM-Behandlung auf die Fruchtreifung, -färbung und innere Qualität, auf das Fruchtwachstum und die endgültige Fruchtgröße, auf den Fruchtfall in der Vorerntephase und auf die sortenspezifische Lagerfähigkeit. Auch wollten die Experten anhand der Untersuchungen beurteilen, ob das Erntefenster verschoben bzw. verlängert werden kann. „Aufgrund unserer bisher erarbeiteten Daten können wir sagen, dass man mittels einer Behandlung mit HarvistaTM eine Reifeverzögerung erreichen kann und sich die Technologie somit als organisatorische Hilfe für das Erntemanagement anbieten würde“, lautet das Fazit von Lagerungsexperte Angelo Zanella. „Durch die Reifeverzögerung wird auch die Entwicklung der unterschiedlichen Qualitätsparameter beeinflusst, aber interessanterweise nicht unbedingt alle im gleichen zeitlichen Ausmaß. Die Bildung der roten Fruchtfarbe wurde z. B. gehemmt, aber sobald die Früchte reifen, entwickelte sich die Farbe weiter. Unter diesen Umständen lässt sich laut unserer Untersuchungen sowie jener anderer Kollegen bei Gala und Golden Delicious eine Verzögerung des Erntebeginns von bis zu einer Woche erzielen.
Wie extreme Transport- und Shelf-Life-Bedingungen die Entwicklung der Fruchtqualität beeinflussen
Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe „Lagerung und Nacherntebiologie“ gehört die Prüfung und Optimierung verschiedener Lagerungstechnologien. Foto © Versuchszentrum Laimburg
Infolge der Globalisierung und des wachsenden Interesses Äpfel in immer weiter entfernte Länder zu exportieren, werden die Transportwege zu den Zielmärkten immer länger. An diesen entfernten Zielmärkten herrschen oft extreme klimatische Bedingungen vor wie etwa Temperaturen über 30 °C. Dies stellt eine Herausforderung für die Erhaltung der Fruchtqualität dar und die Praxis verfügt noch über wenige Erfahrungen darüber, wie sich diese extremen, „(sub)tropischen“ Export- und Shelf-Life-Bedingungen auswirken. Die Arbeitsgruppe „Lagerung und Nacherntebiologie“ des Versuchszentrums Laimburg hat darum in einem mehrjährigen Projekt extreme Bedingungen wie z. B. 21 Tage Shelf-Life bei 30 °C tagsüber und 10 °C nachts simuliert und mit herkömmlichen Bedingungen verglichen. Untersucht wurden dabei die für die Praxis am interessantesten Sorten Red Delicious und Granny Smith. Da diese zu Schalenbräune neigen, wird bei ihnen gut erkennbar, wie sie unter extremen Bedingungen reagieren. „Unsere Versuche haben gezeigt, dass die innovativsten Lagertechnologien wie z.B. DCA-CF „Dynamisch kontrolliere Atmosphäre mittels Chlorophyllfluoreszenz) oder 1-MCP die besten Ergebnisse im Hinblick auf die Erhaltung der Festigkeit und zur Vorbeugung der Schalenbräune lieferten“, erklärte Stefan Stürz: „Bei einer gewöhnlichen ULO (Ultra Low Oxygen-)Lagerung war die Erhaltung der Fruchtqualität unter diesen Extremstbedingungen fast nicht zu schaffen, vor allem die Schalenbräune stellte ein riesiges Problem dar.“ Zudem wurde im Rahmen dieser Versuchsreihe der Einfluss von Beschichtungen/Wachsen auf die Fruchtqualität unter diesen extremen Bedingungen bei den Sorten Red Delicious, Granny Smith und Fuji getestet. Hierbei konnten die in der Praxis gehegten Zweifel, dass sich Beschichtungen unter den extremen Bedingungen in südlichen Märkten negativ auf die Erhaltung der Fruchtqualität auswirken würden, nicht unbedingt bestätigt werden.
Der bisherige Witterungsverlauf 2020
Der Witterungsverlauf eines Jahres kann Ertrag und Qualität der Äpfel und damit auch den Erfolg der Obstlagerung maßgeblich beeinflussen. Martin Thalheimer, Leiter der Arbeitsgruppe „Boden, Düngung und Bewässerung“ am Versuchszentrum Laimburg, zeichnete den bisherigen Witterungsverlauf im Vegetationsjahr 2020 nach und erklärte, welche praktischen Schlussfolgerungen man aus Daten bezüglich der Temperatur, des Niederschlags und des im Boden verfügbaren Wassers sowie aus Fruchtwachstumskurven ziehen kann. „Der bisherige Verlauf der Witterung war für die Apfelproduktion sehr günstig, es gab kaum Probleme durch extreme Witterungsbedingungen oder -ereignisse“, berichtete Thalheimer.
Quelle: Versuchszentrum Laimburg
Veröffentlichungsdatum: 11. August 2020