Enrique de los Ríos, Agro-Food Marketing & International Consultant bei der Unica Group, sprach mit Bayer über digitale Technologien und das fehlende Bindeglied in der landwirtschaftlichen Rentabilität. Die Unica Group ist der größte unabhängige Obst- und Gemüseexporteur Spaniens und produziert jährlich rund 500 Millionen Kilogramm Frischwaren – in den nächsten drei Jahren sollen es sogar bis zu 1.000 Millionen Kilogramm sein
Foto © Unica Group (2017)
Was können Sie uns über die Unica Group erzählen?
Die Unica Group exportiert mehr als 100 verschiedene Produkte, die auf 9.000 Hektar von 5.000 Landwirten in Gewächshäusern und auf Feldern angebaut werden. Unser Sortiment reicht von Paprika und Tomaten bis hin zu Wassermelonen und Zitrusfrüchten. Als Spaniens größter unabhängiger Exporteur von Frischwaren liefern wir unsere Produkte in die ganze Welt, vor allem nach Deutschland, Polen, Großbritannien, Frankreich und in die skandinavischen Länder. Wir exportieren sogar in die USA.
Wie wichtig ist das Thema Rückstandsmanagement, insbesondere mit Blick auf die Märkte, die Sie bedienen?
Rückstände waren vor 15 Jahren generell ein großes Problem, doch seither hat sich die Branche bemüht, sie noch besser in den Griff zu bekommen.
Paprika gelten als heikel. Wegen ihrer prallen, festen Haut sind sie im Vergleich zu anderen Nutzpflanzen stärker mit Rückständen belastet. Da ist es hilfreich, dass wir sie in einem Gewächshaus anbauen, wo sie Wind nicht ausgesetzt sind, durch den Rückstände auf die Ernte gelangen könnten.
Die Herausforderung bei Rückständen liegt in der Komplexität, die sich aus dem Einsatz von Hilfsmitteln zur Pflanzenschutzkontrolle bei unseren Landwirten ergibt. Seit Einführung biologischer Kontrollen haben wir jedoch die Rückstände weitaus besser im Griff. Die europäischen Einzelhändler verschärfen seit einiger Zeit die Beschränkungen für Rückstände. Deshalb müssen wir der Entwicklung immer einen Schritt voraus sein. Wir gehen davon aus, dass uns digitale Tools bei der Weiterentwicklung unseres Rückstandsmanagements unterstützen könnten.
Welche Vorschriften müssen Sie hinsichtlich der Rückstände beachten?
Die Vorschriften werden durch Behörden und Einzelhändler erlassen, aber für uns gelten seitens der Einzelhändler strengere Beschränkungen. So setzt LIDL – eine Supermarktkette, die in Deutschland, Großbritannien und anderen Teilen Europas tätig ist – überaus hohe Standards. Die Grenzwerte des Konzerns unterschreiten die Rückstandshöchstmengen MRL (Maximum Residue Limits) in Europa um das Dreifache. Entsprechend häufig kommt es vor, dass wir durch die Einhaltung der LIDL-Standards auch andere Auflagen erfüllen.
Wie unterstützen neue Technologien die Unica Group?
Wir betrachten Digitalisierung und neue Technologien als strategisches Business-Tool. Vor vier Jahren haben wir eine neue Technologie für Landwirte eingeführt, die deren Arbeitsabläufe durch Echtzeitdaten verbessert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ein hoch entwickeltes Datenverwaltungssystem, das auf Künstlicher Intelligenz und Big Data basiert.
Der erfolgreiche Einsatz von Technologie setzt voraus, dass man die Denkweise des Landwirts versteht. Viele Landwirte vergleichen und bewerten ihre Arbeit. Es kann sein, dass ein Landwirt drei verschiedene Hektar an mehreren Standorten bewirtschaften muss. Unsere Technologie ermittelt auf jedem Hektar die Leistung des Erntemanagements und meldet die Ergebnisse zurück, damit er seine Arbeitsmethoden anpassen kann.
Wenn man einem Landwirt mitteilen kann, dass andere Landwirte bei Unica mehr Geld verdienen, weil ihre Arbeitsabläufe wirtschaftlicher sind oder sie auf dem Acker eine höhere Produktivität erzielen, werden sie wahrscheinlich wissen wollen, wie das funktioniert. Und dann kommen wir ins Spiel.
Wie erfolgreich ist die Unica Group beim Einsatz digitaler Technologien?
Mit unserem Datenverwaltungssystem konnten wir in den vergangenen vier Jahren die Produktion innerhalb unseres Erzeugernetzwerks um mindestens 10 Prozent erhöhen. Dieses System umfasst einen wichtigen Teil unseres 30x5-Programms. Es zielt darauf ab, die Produktivität innerhalb von fünf Jahren um 30 Prozent zu steigern.
Digitale Tools sind entscheidend für ein effektiveres und profitableres Farm Management. Die Unica Group ist sehr offen für neue Technologien, die uns dabei unterstützen, unsere Ziele auch weiterhin zu erreichen. Die technologischen Möglichkeiten in unserem Geschäft sind grenzenlos. Digitale Tools beispielsweise besitzen das Potenzial, das Rückstandsmanagement wie auch unser Pflanzenschutzprogramm weiter zu verbessern.
Was ist der Schlüssel zur Einführung neuer Technologien im Agrarsektor?
Der Unica Group fehlt ein Bindeglied zu einer höheren landwirtschaftlichen Rentabilität, die durch Technologie ermöglicht wird. Aktuell gibt es drei Trends: Technologie, Nachhaltigkeit und dann ist da noch der häufig vernachlässigte psychologische Aspekt, der eine Rolle spielt. Diese drei müssen im Einklang miteinander stehen.
Wir zwingen niemandem Technologie oder Nachhaltigkeit auf – so etwas funktioniert nicht. Aber man muss den Landwirt dazu ermutigen, neue Technologien einzusetzen und so nachhaltiger zu werden. Dafür ist es wichtig zu wissen, was ihn antreibt. Wir nutzen bereits Künstliche Intelligenz und Big Data, um den Wettbewerb unter den Landwirten mit einem Gamification-Element zu fördern. Wir arbeiten kontinuierlich mit unseren Lieferanten und Partnern zusammen, um neue Technologien zu erforschen und nachzuvollziehen, wie sie unsere Farm-Management- und Pflanzenschutzprogramme weiter optimieren können.
Jede technologische Veränderung erfordert ein Umdenken beim Landwirt. Wenn es uns gelingt, eine emotionale Bindung herzustellen oder ihn anzuspornen, den Wandel als Chance zu verstehen, dann ist genau das das noch fehlende Bindeglied zwischen Technologie und Nachhaltigkeit, um Landwirtschaft rentabler zu machen. Bei der Unica Group pflegen wir eine Kultur der digitalen Landwirtschaft. Und wir sind stets auf der Suche nach neuen Lösungen.
Quelle: Unica Group
Veröffentlichungsdatum: 22. September 2020