Angesichts der Folgen der Corona-Pandemie standen vor allem die Obst- und Gemüsebaubetriebe vor völlig neuen Herausforderungen. „Zu Beginn der Pandemie bestand große Unsicherheit – nicht nur in Bezug auf die Vermarktungswege, sondern auch darüber, ob die gepflanzte Ware überhaupt geerntet werden könnte“, berichtete Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen, am Montag (28. September) auf einer Pressekonferenz der LWK in Hannover.
Gerhard Schwetje: „Die Niederschläge reichten vielerorts bestenfalls dafür aus, um den akuten Wasserbedarf der Pflanzen zu decken“, sagte Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen, am Montag (28. September) bei der Vorstellung der landesweiten Erntebilanz in Hannover. „Eine nachhaltige Durchfeuchtung der Böden bis in tiefere Schichten ist bisher meist ausgeblieben.“ Wer auf leichten Böden ackere, habe nach 2018 und 2019 auch dieses Jahr beim Ertrag oft das Nachsehen. Foto © Ziegeler/Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Zu wenig und sehr ungleich verteilter Niederschlag hat den Ackerbau und die Grünlandnutzung in Niedersachsen auch in diesem Jahr wieder stark beeinträchtigt. „Nach 2018 und 2019 ist 2020 das dritte Jahr, in dessen Verlauf zahlreiche Betriebe vor allem im Frühjahr mit ausgeprägter Trockenheit zu kämpfen hatten – entsprechend durchwachsen fällt die Erntebilanz aus“, sagte der Präsident in Hannover.
Neben den Herausforderungen, die der Klimawandel für den Ackerbau mit sich bringt, gewinnt der Naturschutz laut Schwetje zunehmend an Bedeutung: „Viele Betriebe beschäftigen sich immer intensiver mit der Frage, wie sie ihre Arbeitsweise mit dem Natur-, Arten- und Wasserschutz am besten in Einklang bringen können.“ Die LWK begleite diese Entwicklung in zahlreichen Projekten.
Die Ergebnisse der Ernte 2020 fielen bislang je nach Standort und Kultur regional sehr unterschiedlich aus. Die Prognose für den Ertrag der Kartoffelernte ist vielversprechend – doch die Folgen der Corona-Pandemie brachte den Kartoffelmarkt aus dem Gleichgewicht.
„Die Statistik spricht eine klare Sprache: Es fehlen je nach Standort zwischen 120 und rund 450 Liter Regen pro Quadratmeter“, verdeutlichte Kammerpräsident Schwetje das Ausmaß der Trockenheit in Niedersachsen. „Die Niederschläge reichten vielerorts bestenfalls dafür aus, um den akuten Wasserbedarf der Pflanzen zu decken – eine nachhaltige Durchfeuchtung der Böden bis in tiefere Schichten ist bisher meist ausgeblieben.“
Gerhard Schwetje. Foto © Ziegeler/Landwirtschaftskammer Niedersachsen
In Regionen mit der Möglichkeit, Felder künstlich zu bewässern, sei es den Bäuerinnen und Bauern häufig gelungen, ihre Erträge zu sichern, berichtete Schwetje weiter. „Doch wer auf leichten Böden ackert, hatte auch dieses Jahr beim Ertrag oft das Nachsehen.“
Neuen Herausforderungen für die Obst- und Gemüsebaubetriebe
Neben den Saisonarbeitskräften aus Osteuropa, die nach einer Entscheidung der Bundesregierung einreisen durften, wurden auf vielen Betrieben auch einheimische Erntehelfer*innen eingesetzt, die sich kurzfristig in großer Zahl gemeldet hatten. „Diese hatten zwar nicht die Effizienz und die Erfahrung der Stammbelegschaft – doch haben uns viele Betriebsleiter*innen berichtet, die Kundschaft habe ihrer Arbeit und ihren Produkten eine höhere Wertschätzung entgegengebracht“, so Schwetje.
„Dieses positive Erlebnis der höheren Wertschätzung sollten wir nach dieser schwierigen Situation im Frühjahr in Erinnerung behalten“, hob der Kammerpräsident hervor: „Die einheimischen Helfer*innen, die Menschen in Niedersachsen haben durch diese Erfahrung gesehen, wie viel Qualität und wie viel Arbeit in unseren heimischen Produkten steckt.“
Für die Landwirt*innen in Niedersachsen spielt laut Schwetje auch die Wertschätzung gegenüber der Natur eine wachsende Rolle: „Sie leben von und mit der Natur – egal ob sie ökologisch oder konventionell produzieren.“ Die LWK setze schon seit vielen Jahren Natur- und Wasserschutzprojekte um, um der steigenden Bedeutung des Natur- und Artenschutzes Rechnung zu tragen.
Nora Kretzschmar: „Am Anfang eines Naturschutzprojekts stehen oft Kontroversen und Schuldzuweisungen – doch im Laufe der Zusammenarbeit stellen die beteiligten Landwirt*innen, Bürger*innen und Einrichtungen fest, dass sie voneinander lernen und gemeinsam viel für den Naturschutz erreichen können“, berichtete Nora Kretzschmar, bei der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen Fachreferentin für Naturschutz, am Montag (28. September) auf der Ernte-Pressekonferenz der LWK in Hannover. Seit vielen Jahren setzt die LWK Projekte zum Natur-, Wasser- und Artenschutz um und trägt damit der wachsenden Bedeutung des Naturschutzes im Ackerbau und in der Grünlandbewirtschaftung Rechnung. Foto © Ziegeler/Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Ernte 2020 in Niedersachsen: Die Kulturen im Einzelnen
Nach den zurückliegenden extremen Jahren ist der Kartoffelanbau in diesem Jahr überwiegend normal verlaufen. Trotz der etwas häufigeren Niederschläge musste vielerorts die Qualität durch Beregnung gesichert werden. Insgesamt beträgt die Kartoffelanbaufläche dieses Jahr 123.200 Hektar, das ist ähnlich wie im Vorjahr und entspricht knapp 45 Prozent der deutschen Anbaufläche. Das fünfjährige Mittel der Erntemenge liegt für Niedersachsen bei etwa 4,8 Millionen Tonnen und könnte dieses Jahr wieder erreicht werden. Corona brachte den Kartoffelmarkt deutlich aus dem Gleichgewicht: Die geschlossenen Restaurants und Kantinen, die abgesagten Großveranstaltungen und die weiteren Auswirkungen auf das öffentliche Leben führten dazu, dass der Markt für die Pommes-frites-Produktion nahezu zum Erliegen gekommen ist. Lediglich fest an Verträge gebundene Mengen wurden langsam verarbeitet. Noch heute ist ein deutliches Gefälle zwischen Angebot und Nachfrage zu spüren. Auf der anderen Seite wurde der Absatz der Speisekartoffeln durch den vermehrten Verzehr zu Hause und auch durch die Hamsterkäufe angekurbelt.
Die Ernte im Öko-Landbau wird ersten Schätzungen zufolge ähnlich wie im konventionellen Anbau ausfallen
Öko-Kartoffeln
Bei den Öko-Kartoffeln sind gute, aber nicht übermäßige Erträge in Aussicht, die häufig durch Beregnung abgesichert werden mussten. Die Qualitäten fallen wohl vergleichsweise heterogen aus. Gegenwärtig stehen die Erlöse für Öko-Speisekartoffeln unter Druck.
Öko-Feldgemüse
Die Anbaufläche von Öko-Feldgemüse wächst langsam, aber stetig. Die Feldberegnung deckt die Wasserbedürfnisse der Kulturen auch in diesem dritten trockenen Jahr in Folge, kostet aber viel Geld. Möhren und auch Zwiebeln werden von Markt stetig gut nachgefragt und tendieren derzeit fest bei den Erzeugerpreisen.
Quelle: Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Veröffentlichungsdatum: 29. September 2020