Noch sind Kräuterseitlinge in Europa eine Besonderheit, doch auch hierzulande nimmt das Interesse an exotischen Speisepilzen immer mehr zu. Für das südkoreanisch-chinesische Unternehmen Mushroom Park war die steigende Nachfrage in Europa nach dem Königsausternpilz – wie er auch genannt wird – ein Grund, den Schritt nach Deutschland zu wagen. Genauer gesagt nach Torgau in Sachsen, wo im April 2015 die Mushroom Park GmbH Deutschland gegründet wurde.
Mitarbeiter*innen kümmern sich um die Produktion des Edelpilzes für den deutschen Markt. Foto © Mushroom Park GmbH
Für das Unternehmen war der Erwerb des Geländes ein regelrechter Glücksgriff, denn die Infrastruktur für die künftigen Werkshallen waren bereits zur Grundsteinlegung gegeben. „Alle Leitungen waren schon verlegt, was natürlich ein großer Vorteil für uns war. Hinzu kam, dass die Stadt Torgau von Anfang an sehr offen uns gegenüber war und uns wirklich gut unterstützt hat während des gesamten Prozesses“, erzählt Sanghun Kim, Verkaufs- und Qualitätsleiter am Standort Torgau. Ziel des Unternehmens ist es, sich am deutschen Markt zu etablieren und die eigenen Produkte künftig auch in weitere europäische Länder zu liefern.
Protagonist in Torgau ist aktuell ausschließlich der Kräuterseitling. „Für uns gilt es jetzt erstmal, den Kräuterseitling als Speisepilz hier aufzubauen. Wenn die Nachfrage groß genug ist und es gut läuft, möchten wir auch noch weitere Edelpilze in unser Sortiment aufnehmen. Welche das sein werden, kommt ganz darauf an, was die Europäer gerne essen“, erzählt Kim schmunzelnd. Baulich sind die Voraussetzungen dafür längst gegeben, denn aktuell nutzt das Unternehmen flächenmäßig gerade einmal ein Viertel dessen, was auf dem Gelände möglich wäre. Allein für den Kräuterseitling wären rund 30 Tonnen Produktionsvolumen pro Woche machbar. Wenn es die Nachfrage zulässt.
Alles unter einem Dach
Produziert werden die Torgauer Kräuterseitlinge in einer Werkshalle, die rund 6600 m2 groß ist und sich über zwei Stockwerke erstreckt. Mushroom Park setzt auf weitgehende Unabhängigkeit, denn es wird nahezu alles, inklusive Substrat, inhouse hergestellt. Lediglich die Rohstoffe wie Reiskleie, Schrot und Holz für das Substrat werden angeliefert. Zusammengeführt werden die Rohstoffe, Wasser sowie eine spezielle Rezeptur in eigenen Mischern, von denen aus am Ende das Substrat in die Flaschen abgefüllt wird. Die großen Mischanlagen haben Kapazitäten für rund 10.000 Zuchtflaschen. In diesen dürfen die Kräuterseitlinge zu großen stattlichen Exemplaren heranwachsen. Damit das auch funktioniert, werden die Pilze regelmäßig ausgedünnt. „Wir wollen Pilze in ausreichender Qualität produzieren. Das gelingt allerdings nur bei ausreichendem Platz- und Nährstoffangebot“, betont der Verkaufsleiter. Die Sprosslinge, die dem Ausdünnen zum Opfer fallen, landen jedoch nicht im Abfall, sondern werden als Kräuterseitlinge-Minis vermarktet.
Geerntet werden die fertigen Kräuterseitlinge – wie bei dieser Pilzart üblich – in einer Welle. „Wir hatten zeitweise ausprobiert, eine zweite Welle zu fahren. Die Qualitäten haben allerdings nicht unseren Ansprüchen genügt, weshalb wir uns schlussendlich gegen eine zweite Welle entschieden haben“, betont Sanghun Kim. Aktuell arbeiten am Standort Torgau 63 Mitarbeiter, viele von ihnen sind bereits seit Produktionsstart im Oktober 2019 mit von der Partie. Da auch beim Kräuterseitling die Schritte bis zur Ernte und die Ernte selbst nicht ganz ohne sind, bedarf es einer intensiven Einarbeitung. Diese übernimmt eine Mitarbeiterin, die vier Jahre lang in einem Werk in Korea Erfahrungen gesammelt hat und jeden Schritt der Produktion beherrscht. „Wir haben aber in jeder Abteilung Vorarbeiter, die inzwischen selbst ihre Mitarbeiter einweisen können“, erzählt Kim.
Da schon bei Produktionsstart und demnach noch vor Pandemiebeginn alle Mitarbeiter eingestellt waren, stellte die Verfügbarkeit von ausreichend Arbeitskräften in diesem Jahr kein Problem für Mushroom Park dar. „Da alle unsere Mitarbeiter rund um Torgau wohnen, mussten wir auch nicht um die Einreise bangen“, so der Verkaufsleiter. Für das junge Unternehmen war die Corona-Krise, insbesondere zu Beginn, trotzdem eine harte Probe. Denn bis Juni musste die komplette Produktion auf null heruntergefahren und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden. „Uns hat die Krise in einer kritischen Zeit getroffen. Als Pilzproduzent braucht es eine gewisse Zeit, bis man sich produktionstechnisch stabilisiert hat und wir waren gerade einmal knapp vier Monate im Geschäft als Corona einschlug. Aber jetzt konnten wir zum Glück die Kurzarbeit wieder teilweise aufheben.“
Mit Bio in die Zukunft
Für die nahe Zukunft plant Mushroom Park eine Bio-Zertifizierung nach europäischen Standards. Das erste Voraudit lief bereits. Allerdings hängt vieles von den Rohstoffen ab, die das Unternehmen für die Substratproduktion zukauft. Denn nicht alle sind in Europa in Bio-Qualität erhältlich, wie beispielsweise die Reiskleie. „Wir versuchen deshalb unsere Mischung umzustellen und probieren immer wieder Neues aus. Sind wir damit in der Lage, dieselben Qualitäten zu züchten, können wir uns auch biozertifizieren lassen. Vielleicht auch irgendwann nicht nur nach EU-Bio, sondern auch nach deutschen Bioverbandsrichtlinien“, erklärt Sanghun Kim.
Quelle/Text: BDC
Veröffentlichungsdatum: 26. Oktober 2020