Die Gentechnik-Experten der EU-Lebensmittelbehörde EFSA haben sich mit den Risiken neuer gentechnischer Verfahren wie Crispr/Cas befasst. Ihr Fazit: Wird mit solchen Verfahren die DNA von Pflanzen verändert, gehe davon keine größere Gefahr aus als von herkömmlicher Pflanzenzucht oder von anderen gentechnischen Verfahren, mit denen neue DNA in Pflanzen eingebracht werde. Eine Einschätzung, der zahlreiche Wissenschaftler widersprechen.
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Die neuen gentechnischen Verfahren machen vielfältige Eingriffe ins Erbgut von Pflanzen möglich. Für die Risikobetrachtung unterteilen Experten sie in drei Kategorien. Bei SDN-1 (site directed nuclease 1) zerschneidet das Cas-Enzym den Doppelstrang der DNA an einer bestimmten Stelle; bei der anschließenden Reparatur verändern sich ungezielt einzelne Basen. Mit SDN-2-Verfahren werden gezielt kleinere Gensequenzen entfernt, ausgetauscht oder neu eingebracht. SDN-3 bezeichnet Verfahren, mit denen umfangreichere, neue Gensequenzen in einen Organismus eingebracht werden.
Die EFSA-Experten haben sich mit SDN-1, SDN-2 und der Oligonukleotid-gerichteten Mutagenese (ODM) befasst, die wie SDN-2 kleinere Gensequenzen ins Erbgut einschleusen kann. Diese drei neuen gentechnischen Verfahren sind derzeit die am häufigsten eingesetzten bei Pflanzen. Die EFSA-Stellungnahme erwähnt zwar unerwünschte Auswirkungen auf das Erbgut, die mit der Anwendung einhergehen können. Doch aus Sicht der Experten sind sie nicht riskanter als konventionelle Pflanzenzüchtung oder andere gentechnische Verfahren. Deshalb könnten für diese drei neuen Techniken die bestehenden Leitlinien der EFSA für die Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen angewandt werden. Womöglich seien sogar weniger Daten für die Risikobewertung erforderlich, weil keine neue DNA eingebracht werde.
Bereits im Frühjahr hatten die EFSA-Experten ihre Position öffentlich zur Diskussion gestellt. Von den Lobbyverbänden der Agro-Gentechnik kam damals Lob und Zustimmung. Kritische Stellungnahmen schickten neben anderen das norwegische Zentrum für Biosicherheit GenØk, die Wissenschaftlervereinigung ENSSER, das österreichische Umweltbundesamt und Testbiotech. Sie bemängelten, dass die EFSA das Potential der neuen Verfahren unterschätze. Mit ihnen könnten Pflanzen tiefgreifend verändert werden ohne zusätzliche Gene einzufügen. Mögliche unerwünschte Nebeneffekte würden zu generalisierend abgehandelt. Auch könnten die Effekte der neuen Gentechnik kaum mit denen der konventionellen Züchtung verglichen werden, wie das die EFSA-Experten täten.
Die endgültige Fassung der EFSA-Stellungnahme hat diese Einwände weitgehend ignoriert. „Wissenschaftliche Publikationen, die während der Konsultation eingereicht wurden und zu anderen Ergebnissen als die EFSA kommen, werden in der Stellungnahme nicht erwähnt“, schreibt Testbiotech. Insgesamt sei die Stellungnahme „aus Sicht des Schutzes von Gesundheit und Umwelt irreführend und unzureichend.“ [lf]
Quelle: Informationsdienst Gentechnik - www.keine-gentechnik.de / EFSA
Veröffentlichungsdatum: 27. November 2020