Vor genau einem Jahr hatten sich mehrere deutsche Einzelhändler mit einer Selbstverpflichtung zu höheren Löhnen und Einkommen in Agrar-Lieferketten bekannt. Ihr Ziel: die Einkommensituation von Arbeitern und Kleinbauern am Anfang globaler Lieferketten zu verbessern.
Fairtrade Sortiment. Foto © TransFair eV - Tobias Thiele
Ein generelles Umdenken der Branche blieb bisher jedoch aus: „Die Selbstverpflichtung war ein wichtiges Signal, aber längst nicht genug“, erklärte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von TransFair (Fairtrade Deutschland). „Obwohl der Lebensmittelhandel auch in der Pandemie gute Umsätze macht, gehen die Preiskämpfe weiter – auf Kosten der Produzentinnen und Produzenten, die ganz am Anfang der Lieferkette stehen und oft keine andere Wahl haben, als ihre Produkte unter Wert zu verkaufen“, so Overath.
Existenzsichernd heißt: genug zum Leben, nicht nur zum Überleben
Egal ob Bananenproduzenten, Kakaobauern oder Textilarbeiter: Viele Menschen am Anfang globaler Lieferketten verdienen noch immer nicht genug, um ihre Existenz zu sichern. Als existenzsichernd gilt ein Lohn oder Einkommen erst dann, wenn mit dem Geld nicht nur die Kosten für Lebensmittel und Wohnen gedeckt werden können, sondern auch Investitionen in Gesundheit und Bildung sowie Rücklagen für Notsituationen möglich sind.
Mehr Lohn für Beschäftigte auf Bananenplantagen
Ab Juli 2021 führt Fairtrade zudem ein Grundgehalt für Beschäftigte auf zertifizierten Bananenplantagen ein. Damit rückt das Ziel eines existenzsichernden Lohnes für Arbeiter auf Fairtrade-Bananenplantagen einen großen Schritt näher. Überall dort, wo das Grundgehalt noch nicht erreicht ist, muss der Lohn entsprechend angehoben werden – selbst dann, wenn der staatliche Mindestlohn darunter liegt. Gesenkt werden dürfen Löhne dagegen nicht. Außerdem setzt Fairtrade auf starke Gewerkschaften und fördert den kontinuierlichen Dialog zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern.
„Wer hart arbeitet, sollte am Ende auch davon leben können. Egal, ob Landwirte bei uns in Deutschland oder Produzentinnen im globalen Süden“, sagte Dieter Overath. „Existenzsichernde Einkommen und Löhne sind eine Hausaufgabe für uns alle. Langfristig braucht es dazu mehr als freiwillige Verpflichtung, es braucht vor allem ein klares nein zu Dumpingpreisen.“
Lidl, Rewe und Aldi engagieren sich mit Fairtrade für bessere Einkommen
Um die Einkommenssituation der Produzenten zu verbessern, haben einige Unternehmen gemeinsam mit Fairtrade Pilotprojekte gestartet
Auch die Rewe Group hat gemeinsam mit Fairtrade und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Projekt ins Leben gerufen, das existenzsichernde Einkommen im Kakaoanbau anstrebt.
Kakaoproduzenten erhalten neben einem festen Mindestpreis und der Fairtrade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte einen zusätzlichen Preisaufschlag.
Ein ähnliches Konzept verfolgt Aldi: Ab Frühjahr 2021 bietet der Discounter eine Schokoladentafel an, die sowohl nach Fairtrade-Standards als auch nach dem Open-Chain-Prinzip von Tony’s Chcocolonely für sklavenfreie Schokolade gehandelt wird.
Quelle: TransFair - Verein zur Förderung des Fairen Handels in der Einen Welt e.V.
Veröffentlichungsdatum: 19. Januar 2021