Unter dem Motto: Nachhaltige Lebensmittelproduktion – welchen Preis zahlen wir? diskutierten Expertinnen und Experten gemeinsam mit der Verbraucherzentrale, unter welchen Bedingungen der Umbau der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingen kann und welche Rolle die Verbraucher dabei spielen.
Marita Wiggerthale, Referentin für Welternährung und globale Agrarfragen, Oxfam Deutschland e.V.; Dr. Jenny Teufel, Senior Researcher im Bereich Produkte und Stoffströme , Öko-Institut e.V.; Professor Klaus Grunert, Abteilungsleiter des Bereichs Management, Universität Aarhus; Dr. Tanja Busse, Moderatorin; Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (v.l.n.r.). Foto © Messe Berlin
Laut einer aktuellen Forsa Umfrage wächst die Bedeutung von nachhaltig produzierten Lebensmitteln. So geben über 90 Prozent der Befragten an, dass ihnen mehr Tierschutz, höhere Umweltstandards und bessere Arbeitsbedingungen bei der Lebensmittelproduktion essentiell wichtig seien. Problematisch wird es laut Umfrage jedoch beim Erkennen solcher Produkte in den Regalen im Handel. Für 87 Prozent ist die Kennzeichnung beim Einkauf nicht plausibel verständlich.
Verbraucher*innen verlieren Überblick im Label-Dschungel
Der Marketingexperte Prof. Klaus Grunert von der Universität Aarhus sieht in den vielen verschiedenen Labeln den Grund für die Verwirrung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein Beispiel: Das seit letztem Herbst einheitliche, aber freiwillige, neue Gesundheitslabel Nutri-Score stünde häufig im Widerspruch zur Tierwohlkennzeichnung, so Grunert. Für den Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Klaus Müller ist dies ein langjähriges politisches Versagen. Bereits seit mehr als zehn Jahren warte er auf ein einheitliches und verpflichtendes Tierwohllabel. Ein weiteres Problem der verschiedenen Label seien die Gütekriterien, so Müller. Einzelne Werte wie CO2 Verbrauch oder Tierwohl seien teilweise schwer vereinbar bei der Skalierung. Dennoch fordert Müller mehr Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Produktkennzeichnung.
Nachhaltige Lebensmittel um jeden Preis?
Betrachtet man die Absatzzahlen aus den Lebensmittelläden, lässt sich eine auffällige Diskrepanz zwischen der Akzeptanz von Bioprodukten und dem tatsächlichen Erwerb von Bioprodukten feststellen. Diese Diskrepanz lässt sich mit den oft bis zu 50-prozentigen Preisunterschieden erklären. Laut der Forsa-Studie aus dem Jahr 2021 seien 65 Prozent der Konsumenten und sogar 72 Prozent der unter 30jährigen bereit, mehr für nachhaltigere Lebensmittel auszugeben. Nichtsdestotrotz empfinden die Verbraucherinnen und Verbraucher die Preise für faire und nachhaltige Lebensmittel oftmals als zu teuer. Klaus Müller sieht hier die Politik in der Pflicht, die mit Subventionen in der Landwirtschaft stärkere Impulse bei der flächendeckenden Integration von nachhaltiger Agrarwirtschaft setzen müsse. Gleichzeitig fordert er von den Verbraucherinnen und Verbrauchern eine neue Wertschätzung von Lebensmitteln.
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Quelle: Messe Berlin - Internationale Grüne Woche 2021 - IGW
Veröffentlichungsdatum: 25. Januar 2021