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Obst- und Gemüseverarbeitung: Nachhaltige Entwicklung benötigt mehr Fairness in der Lieferkette

Die außergewöhnlichen Kostensteigerungen des Jahres 2020 belasten die obst- und gemüseverarbeitende Industrie. Weitere Investitionen in eine immer nachhaltigere Produktion können die Unternehmen nur mit Unterstützung ihrer Partner im Lebensmit­teleinzelhandel umsetzen, wie der Bundesverband der obst-, gemüseund kartoffelverarbeitenden Industrie e.V. (BOGK) berichtet.

Bildquelle: Shutterstock.com TK
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Das Jahr 2020 hat in der gesamten Lieferkette außerordentlich hohe Zusatzkosten verursacht, teilt der Bundesverband BOGK in Bonn mit. „Vor dem Hintergrund schlechter Renditen der vergangenen Jahre sind die Margen in der Obst- und Gemüseverarbeitung insgesamt zu klein, um diese Kostensteigerungen aufzufangen", sagt BOGK-Geschäftsführer Christoph Freitag.

Zunächst hat sich die Corona-Pandemie deutlich negativ auf die Rohwarenversorgung von Obst, Gemüse und Pilzen ausgewirkt. Aufgrund der anfänglichen Reisebeschränkungen fehlten überall auf den Obst- und Gemüsehöfen in Europa Erntehelfer. Zusätzliche Schichten mit geringerer Besetzung, höherer Aufwand für die Unterbringung von Saisonarbeitskräften unter verschärften Hygienebedingungen sowie gestiegene Löhne waren die Folge, vor allem bei arbeitsintensiven Produkten wie Gurken, Pilze und Erdbeeren.

Verschärft wurde die Versorgungssituation durch witterungsbedingte Ernteausfälle. Bei Himbeeren, Brombeeren und Aprikosen sind durch Spätfrost und anschließenden anhaltenden Regen in wichtigen europäischen Anbaugebieten (Polen, Serbien und Spanien) große Teile der Ernte zerstört worden. Auch die Erträge bei Tomaten, Gemüse und Pilzen blieben hinter den Erwartungen zurück. Das knappere Angebot stieß dabei auf eine extrem erhöhte Nachfrage nach frischem Obst und Gemüse. Wie zu erwarten, stiegen die Rohwarenpreise dramatisch: zwischen 30 und 70 %.

Gleichzeitig musste die Industrie sich auf Hamsterkäufe im Lebensmitteleinzelhandel und die fast durchgängige Schließung der Gastronomie einstellen. Ob Produktionserhöhungen unter gestiegenen Hygieneanforderungen oder Produktionsunterbrechungen – die Folge waren stets höhere Stückkosten. Gegen Ende des Jahres wurde dies durch die Erhöhung der Transportkosten nochmals verschärft. Die Preise im Seefrachtverkehr – wichtig für die Ein- und Ausfuhr etwa von Pilzen und Erdbeeren – haben sich verdreifacht.

Dabei steht die Branche vor großen Herausforderungen. Bedingt durch den Klimawandel und zunehmende Restriktionen von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sinkt das Ertragsniveau und führt zu reduzierten Erntemengen. Um dem europäischen Green Deal nachzukommen, der den Rahmen und das Ziel setzt zukünftig immer nachhaltiger zu wirtschaften, muss verstärkt in Wasser-, Energie- und CO2-sparende Anbau- und Verarbeitungsmethoden investiert werden.

Um auch künftig die Warenversorgung in kritischen Situationen gewährleisten zu können und den gesellschaftlichen und ökologischen Wandel mitzugehen, sind die meist mittelständischen BOGK-Mitglieder dabei auf ein größeres Entgegenkommen ihrer Handelspartner dringend angewiesen. Sie können die auf sie zukommenden Kosten nicht allein tragen, sondern benötigen die Bereitschaft ihrer Kunden, offen über notwendige Preisanpassungen zu reden und die Lasten in der Lieferkette gemeinsam fair zu teilen. „Die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für nachhaltigere Produkte ist vorhanden“, findet BOGK-Geschäftsführer Christoph Freitag und ergänzt: „Sie muss auch bei den Herstellern ankommen“.

Quelle: BOGK

Veröffentlichungsdatum: 19. Februar 2021