Die Umsätze der 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbau-Genossenschaften in Baden-Württemberg haben sich im Jahr 2020 um 10,5 % auf 543 Millionen Euro erhöht. Die Umsätze der 622 (2019: 630) Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften im Südwesten haben im vergangenen Jahr um 2,8 % auf 9,12 Milliarden Euro zugelegt.
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„Unsere Mitgliedsunternehmen haben sich mit aller Kraft und viel Kreativität gegen die Folgen der Krise gestemmt“, sagt Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), bei der digitalen Jahres-Pressekonferenz des Verbands. Allerdings falle die Betroffenheit durch Corona je nach Branche und geschäftspolitischer Ausrichtung sehr unterschiedlich aus. Das laufende Jahr ist aufgrund der andauernden Pandemie noch von großen Unsicherheiten geprägt. „Auch in der Krise wurde die Stärke und Robustheit des genossenschaftlichen Geschäftsmodells eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, ist Glaser überzeugt. „Die Menschen haben gespürt, wie wichtig und wertvoll regional tätige Unternehmen sowie vor Ort erzeugte Produkte und Dienstleistungen sind – in der Landwirtschaft, aber auch in vielen anderen Bereichen. Genau das leisten unsere Genossenschaften.“
„Regionalität, Solidarität und Verlässlichkeit sind wichtige Ankerpunkte für Wirtschaft und Gesellschaft und notwendiger denn je. Wirtschaftlicher Erfolg muss stets mit sozialer Verantwortung einhergehen. All dies vereint das genossenschaftliche Geschäftsmodell in idealer Weise“, betont der Repräsentant der Genossenschaften in Baden-Württemberg. „Krisen können daher durchaus Rückenwind für Genossenschaften geben“, so Glaser weiter. „Durch die Pandemie und ihre Auswirkungen haben die Menschen sehr viel über die heimische Landwirtschaft gelernt. Unsere Genossenschaften und deren Landwirtinnen und Landwirte spüren seitdem eine breitere Akzeptanz und höhere Wertschätzung für regional erzeugte Produkte“, berichtet der BWGV-Präsident. Dies müsse aber auch mit einer angemessenen und auskömmlichen Entlohnung für die Landwirte und einer verbesserten Wettbewerbsstellung der Genossenschaften einhergehen. „Absatzfördernde Maßnahmen müssen gestärkt werden, um neue Käuferschichten für Produkte aus Baden-Württemberg erreichen zu können“, sagt Glaser entsprechend an die künftige baden-württembergische Landesregierung gerichtet.
Kooperationen in Form von Genossenschaften bündeln das Angebot landwirtschaftlicher Produkte, stärken die Marktstellung der heimischen Erzeuger gegenüber Handel und Industrie, entwickeln die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigende Vermarktungsstrategien und ermöglichen so den Erhalt der so wertvollen kleinteiligen Agrarstruktur in Baden-Württemberg. „Die Bedeutung der regionalen, genossenschaftlich organisierten Landwirtschaft war selten so sichtbar wie heute“, sagt Glaser. Daher erhofft er sich durch Corona auch einen langfristigen positiven Effekt für die heimische Landwirtschaft und deren Genossenschaften.
Landwirtschaft: Stabile Umsätze und spürbar mehr Wertschätzung
Die 311 landwirtschaftlichen Genossenschaften in Baden-Württemberg haben ihre Umsätze im Jahr 2020 leicht um 0,3 Prozent auf 3,66 Milliarden Euro gesteigert. Die Umsätze der 21 Obst-, Gemüse- und Gartenbau-Genossenschaften beziehungsweise -Vertriebsgesellschaften haben sich im Jahr 2020 um 10,5 Prozent auf 543 Millionen Euro erhöht.
Genossenschaften: Spannendes Projekt zur Quartiersentwicklung
Aufgrund der Einzigartigkeit des genossenschaftlichen Geschäftsmodells hinsichtlich Solidarität, Nachhaltigkeit, Regionalität und Beständigkeit können Genossenschaften dabei helfen, wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunftsherausforderungen zu meistern. Neun Genossenschaften sind 2020 in den unterschiedlichsten Feldern gegründet worden, in diesem Jahr waren es bisher bereits sechs. Einen Schwerpunkt bei den Gründungen der vergangenen Jahre bilden Genossenschaften im kommunalen Umfeld: Neben der ärztlichen Versorgung stehen Themen wie Mobilität, Betreuung, Pflege, Bildung und die Entwicklung von Stadtquartieren auf der Agenda. Hierfür hat das Landesministerium für Soziales und Integration gemeinsam mit dem BWGV das Förderprojekt „Genossenschaftlich getragene Quartiersentwicklung“ gestartet.
Enormes Potenzial für genossenschaftliche Betriebsnachfolge
Besonders gut eignen sich genossenschaftliche Lösungen auch für Herausforderungen in kleinen und mittleren Unternehmen – etwa beim drängenden Thema der Betriebsnachfolge. „Bereits drei gute Mitarbeiter genügen, um eine Genossenschaft zu gründen und so den Betrieb gemeinsam fortzuführen“, berichtet Glaser. Der bisherige Inhaber kann seinen Betrieb in vertraute Hände geben und benötigt keinen einzelnen Käufer, der alles alleine übernimmt. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der bisherige Inhaber etwa für einige Jahre Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft wird und den Betrieb und die neue Geschäftsleitung so weiter begleiten kann. Der BWGV sieht in den kommenden Jahren ein enormes Potenzial für Genossenschaftsgründungen zur Nachfolgeregelung beziehungsweise Mitarbeiterbeteiligung. Das trifft vor allem auf das Handwerk zu, in dem der Bedarf besonders hoch ist. „Durch Genossenschaften können hier viele Betriebe weitergeführt und auch Arbeitsplätze erhalten bleiben“, sagt Glaser.
www.wir-leben-genossenschaft.de
Quelle: BWGV
Veröffentlichungsdatum: 04. Mai 2021