Sicherlich hat sie jeder schon einmal gesehen: Gerüste aus Holz, Stahl oder Beton, mit Netzen und Folien, die sich über Obstbäume, Beerensträucher und Erdbeerfelder erstrecken.
Erdbeeren, die in Folientunneln heranwachsen, sind gut vor Regen geschützt – und damit auch vor Fäulnis. Foto © Herbert Knuppen
Manch ein Spaziergänger oder Wanderer hat sich vielleicht auch schon einmal an den Konstruktionen in der Landschaft gestört. Aber sicher ist: „Für uns Obstbauern sind solche Kulturschutzsysteme existenzsichernd“, erklärt Ferdinand Völzgen, Vorsitzender der Kreisfachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg. „Ohne Foliendächer und Hagelschutznetze können wir nicht das qualitativ hochwertige Obst produzieren, das Handel und Verbraucher von uns fordern.“
Warum sind Schutzsysteme für Obstkulturen aus dem modernen Obstbau nicht mehr wegzudenken? Eine Antwort: Wetterkapriolen – wie Spätfrost im Frühjahr oder Starkregen im Sommer – setzen den Obstkulturen das Jahr über zu. Außerdem: Durch Globalisierung und Klimawandel bedrohen immer mehr Schadinsekten deutsche Obstkulturen. Ein bekanntes Beispiel: Die Kirschessigfliege, die aus Asien stammt, hat sich in den vergangenen Jahren rasend schnell in Europa ausgebreitet. Doch bisher hat sie keinen Gegenspieler in unseren Breiten. Sie befällt vor allem weichere Obstarten kurz vor der Ernte, also zum Beispiel Kirschen und Beeren.
Der geschützte Anbau ist im modernen Obstbau nicht mehr wegzudenken. So überdachen zum Beispiel viele Obstbauern ihre Johannisbeersträucher mit Foliendächern, um die Früchte vor Regen zu schützen – und damit auch vor dem Platzen. Foto © Herbert Knuppen
Welche Schutzsysteme setzen die rheinischen Obstbauern ein, um die Qualität ihrer Ernte zu schützen? Ein paar Beispiele aus der Praxis:
Hagelnetze: Viele Obstbauern ziehen nach der Blüte Netze über ihre Apfelbäume. Sie verhindern, dass Hagelkörner Bäume und Früchte beschädigen. „Hagelkörner können tiefe Dellen in Äpfel schlagen, die bei anhaltender feuchter Witterung auch zu Fäulnis an den Früchten führen können“, erklärt Gerd Moog, Obstbauer aus Wachtberg-Fritzdorf. „Ein einziger Hagelschauer kann also zum Totalausfall meiner Apfelernte führen. Deswegen schütze ich meine Früchte mit Hagelschutznetzen.“
Folientunnel und Regenkappen: In einem regnerischen Sommer – wie es in diesem Jahr der Fall ist – sorgt die anhaltende Nässe dafür, dass ein großer Teil der Freilanderdbeeren bereits im Feld verfault. Abhilfe schaffen sogenannte Folientunnel und Regenkappen: Die Erdbeeren, die unter den Foliendächern heranwachsen, werden bei Regen gut geschützt. „Bevor wir im Frühjahr Folie über die Tunnelbögen ziehen, legen wir eine dicke Strohschicht zwischen den Erdbeerreihen und den Bögen aus. Wenn es regnet, kann das Wasser darin langsam versickern, auch wenn der Boden trocken ist“, erklärt Friederike Schneider von Schneiders Obsthof in Wachtberg. „Außerdem ziehen wir am Ende der Tunnel mit dem Pflug kleine Gräben. Sie lassen das Wasser auch bei einem Starkregen kontrolliert abfließen.“
Foliendächer: Die Folien, die die Obstbauern zum Beispiel über Kirschbäume oder Johannisbeersträucher spannen, erhalten die Qualität der Früchte. Denn ohne schützendes Dach würden sie bei Regen platzen und faulen. „Dank der Foliendächer bleiben meine Früchte fest und haltbar. So kann ich sie in den Handel und an die Endverbraucher liefern“, erklärt Manfred Felten, der in Meckenheim einen Obstbaubetrieb bewirtschaftet. „Somit helfen geschützte Anbausysteme auch dabei, eine regionale Obstproduktion zu sichern. Jedes Kilogramm Kirschen, das wir hier anbauen, muss der Lebensmitteleinzelhandel nicht aus Südeuropa oder der Türkei importieren.“
Im geschützten Anbau – wie hier im Folientunnel – können Obstbauern den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren und Nützlinge einbringen. Der bunte Blühstreifen neben den Tunneln bietet zusätzlich Lebensraum für zahlreiche Insekten. Foto © Herbert Knuppen
Netze: Um Kirschen vor der Kirschessigfliege zu schützen, gibt es für die Obstbauern im Rheinland nur ein wirkungsvolles Mittel: Sie hüllen ihre Kirschenanlagen komplett in einem engmaschigen Netz ein. „Die Netze verhindern den Einflug dieser Insekten, die ansonsten immense Schäden an den erntereifen Früchten verursachen können“, erklärt Felten. Er spannt wie seine Berufskollegen das Netz erst nach der Blüte über die Bäume, damit Bestäuberinsekten wie Hummeln und Bienen die Blüten bestäuben können.
Übrigens: Im geschützten Anbau können die Obstbauern den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weitgehend reduzieren. Dank Folientunnel können die Obstbauern in ihren Erdbeerkulturen zum Beispiel Nützlinge einbringen, die Schadinsekten auffressen. Und bei seinen Kirschbäumen, die mit Foliendach und Netz geschützt sind, merkt Felten: „Eine Einnetzung ist die intelligentere und wirksamste Lösung, besser als Spritzen, um einen Schädlingsbefall vorzubeugen. Auch wenn es mit Kosten und sehr viel Arbeit verbunden ist – für mich geht kein Weg daran vorbei.“
Quelle: Fachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg
Veröffentlichungsdatum: 25. August 2021