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Mit dem digitalen Zwilling gegen die Lebensmittelverschwendung

Jedes Jahr sortiert der deutsche Einzelhandel rund 500.000 Tonnen Lebensmittel als Abfall aus – zu diesem Ergebnis kam das Thünen-Institut in einer aktuellen Studie im Auftrag des Bundesernährungsministeriums. Um diese Mengen transportieren zu können, wären circa 20.000 Lkw nötig – aneinandergereiht würden diese einen Stau von Gießen bis Stuttgart bilden.

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Trendstudie Handel. Foto © TCS

Zu den Abfällen zählen auch Lebensmittel, die noch verzehrbar sind, sich jedoch nicht mehr verkaufen lassen. Für den Einzelhandel gehen mit dem Wegwerfen noch verwertbarer Produkte somit auch Umsatzverluste einher. Mithilfe innovativer Technologien lässt sich die Lebensmittelverschwendung jedoch reduzieren.

Ob eine Delle am Apfel oder ein Riss in der Orangenschale – Kunden lassen Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern oft im Regal liegen. Dabei bedeuten kleine Makel nicht gleich, dass das Produkt nicht mehr haltbar ist. Kunden gehen aber häufig auf Nummer sicher und sehen aufgrund dessen von einem Kauf ab.

Um die Beurteilung des Zustands von frischen Lebensmitteln nicht nur vom bloßen Auge abhängig zu machen, hat der IT-Dienstleister Tata Consultancy Services (TCS) einen digitalen Zwilling für Lebensmittel entwickelt. Es handelt sich dabei um ein virtuelles Computermodell, das genauso auf Umwelteinflüsse reagiert wie sein Vorbild in der physischen Welt. Mithilfe der Digital-Twin-Technologie kann der Frischezustand eines Produkts in Echtzeit beurteilt werden – zum Beispiel mit einem tragbaren Scanner.

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Tommi Mäkinen, TCS. Foto © TCS

Das Scangerät erfasst wichtige Daten wie die Lufttemperatur und -feuchtigkeit und erstellt digitale Zwillinge verschiedener Lebensmittel. So kann es beispielsweise einen Apfel scannen und diesen mit einer cloudbasierten Datenbank von Apfelbildern in verschiedenen Frischegraden abgleichen. Damit ermittelt die Technologie nicht nur sekundengenau den aktuellen Zustand des Apfels, sondern berechnet auch dessen voraussichtliche Haltbarkeit.

Die Technologie kann grundsätzlich auf alle Lebensmittelgruppen ausgeweitet werden. Die nicht-invasiven Sensoren sind in der Lage, auch Echtzeitkontrollen von vorverpackten Lebensmitteln wie Milch oder Säften durchzuführen, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss. Durch ein speziell entwickeltes Strohalmfenster können die Sensoren zum Beispiel Farbveränderungen von Biomarkern erkennen. Vergleicht man diese mit einer Datenbank, lässt sich die Haltbarkeit des Getränks in der Packung feststellen.

„In einer nachhaltigeren Zukunft können die Kunden mit einem Klick auf ihrem Smartphone die Frische der Produkte bestimmen und feststellen, wie lange sie haltbar sind. Die datengestützte Technologie bietet den Kunden die Möglichkeit, Produkte mit Makeln zu kaufen, anstatt sie abzulehnen“, sagt Tommi Mäkinen, europäischer Innovation Lead bei TCS.

Dank der Technologie könnte der Handel dann auch beschädigte oder weniger frische Ware verkaufen und so den Abfall sowie die damit verbundenen Umsatzverluste reduzieren. In Lagerhäusern ist der Einsatz von digitalen Zwillingen ebenfalls möglich. Durch die Technologie gewinnen Unternehmen wertvolle Daten, mit deren Hilfe sie ihre Bestände und deren Transport besser planen können. Anstatt noch essbare Produkte zur Deponie zu fahren, können diese beispielsweise an Tierfutterlieferanten weitergeleitet und dort verwertet werden.

Die Daten unterstützen Unternehmen auch bei der Entscheidung, welcher Markt für die Lieferung der Lebensmittel infrage kommt. Verschickt man weniger frische Artikel an weit entfernte Märkte, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie bis zur Ankunft verderben und im Abfall landen. Allein aus Nachhaltigkeitsgründen ist in diesem Fall ein lokaler Markt zu bevorzugen.

„Das Wissen um den tatsächlichen Frischezustand und die voraussichtliche Haltbarkeit von Produkten fördert nachhaltigere Entscheidungen bei Kunden und Unternehmen. Im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung sind Technologien wie Digital Twin daher nicht mehr wegzudenken“, so der TCS-Digitalisierungsexperte.

Weitere Informationen: www.tcs.com/de

Quelle: Tata Consultancy Services (TCS)

Veröffentlichungsdatum: 17. November 2021