Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zieht angesichts der Marktdaten des Jahres 2021 eine ernüchternde Bilanz:
Joachim Rukwied. Foto © DBV/Breloer
„Mit Blick auf das zurückliegende Jahr sehen wir in vielen Betrieben eine nach wie vor herausfordernde, teilweise sogar katastrophale wirtschaftliche Situation. Corona hat auch in diesem zweiten Pandemiejahr viele landwirtschaftliche Betriebe mit voller Wucht getroffen. Wie bei vielen Erzeugnissen schränken außerdem politische und gesetzgeberische Unwägbarkeiten die Zukunftsperspektiven unserer Betriebe ein. Beispiele dafür sind der Mindestlohn und die angekündigten nationalen Verschärfungen bei Auflagen für die tierische und pflanzliche Erzeugung.“
Obst- und Gemüse
Das Erntejahr 2021 wurde von den Auswirkungen der anhaltenden Corona-Pandemie und extremen Frost- und Regenereignissen geprägt. Auch wenn die Einschränkungen im Bereich der Gastronomie in diesem Jahr einen weniger starken bzw. vorhersehbaren Einfluss auf den Obst- und Gemüsemarkt hatten, schlug sich der zu leistende Mehraufwand stark auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe nieder. Die Betriebe mussten weiterhin aufwendige Hygienekonzepte befolgen bzw. teilweise Kulturen anbauen, die weniger Handarbeit erfordern.
In der Bevölkerung erfreuen sich Obst und Gemüse weiterhin hoher Beliebtheit: 76 Prozent (+6 Prozent seit 2020) der Befragten des BMEL-Ernährungsreports 2021 gaben an, jeden Tag Obst und Gemüse zu verzehren. Zudem gaben 86 Prozent an, dass ihnen die regionale Herkunft der Obst- und Gemüseprodukte wichtig sei. Bemerkenswert ist weiterhin der anhaltende „Beeren-Boom“, der jedoch weiterhin überwiegend durch Importe bedient wird: Die Verbraucherausgaben für Strauchbeeren lagen im Jahr 2021 bei 945 Mio. Euro (+ 24 Mio. Euro seit 2020). Im Gemüsebereich liegen kleine Tomatensorten (64,8 Mio. Euro in 2021, +12,6 Mio. Euro seit 2015) und Topfkräuter (76,8 Mio. Euro +32,2 Mio. Euro seit 2015) im Trend.
Zu Beginn der Freilandsaison konnten aufgrund der späten, wetterbedingten Reife teilweise Höchstpreise erzielt werden, danach erfolgte rasch das Einpendeln auf das Preisniveau der letzten Jahre. Die Frostperiode im Februar sorgte z. B. für Rekordpreise bei den Bundzwiebeln. Salate konnten nach starken Regenfällen teilweise zu Spitzenpreisen vertrieben werden. Die Preissituation der Lagerkulturen wiederum kann als durchschnittlich bezeichnet werden. Die Lager konnten ausreichend gefüllt werden, hier sind derzeit durchschnittliche Preise zu erwarten. Unter den klimatischen Bedingungen hatten vor allem die Erdbeeren und Kirschen zu kämpfen, was sich auch auf das Preisniveau auswirkte.
Das Jahr 2022 wird neben noch nicht prognostizierbaren Wetterereignissen besonders von der geplanten Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde, den Regelungen rund um die Anstellung von Saisonarbeitskräften und dem teils enormen Anstieg von Energie-, Polymer- und Düngemittelpreisen geprägt sein.
Öko-Markt
Der Öko-Markt wächst weiter. Die deutsche Öko-Nachfrage ist auch 2021 weiter gewachsen, nach der AMI vorliegenden GfK-Daten im mittleren einstelligen Bereich. Trotz des extrem hohen Wachstums von 22 Prozent im Vorjahr 2020 mit einem Sprung von 12,3 Mrd. Euro auf 15 Mrd. Euro Öko-Umsatz konnte der Öko-Umsatz in Deutschland also nochmals zulegen. Der Öko-Markt schafft damit die Nachfragebasis für mehr Ökolandbau in Deutschland. Die Umstellungsrate auf Ökolandbau ist dennoch gesunken und das trotz seit Jahren hohem Umstellungsinteresse. Das hat drei triftige Gründe: Ersten stehen die Preissignale für Öko-Agrarrohstoffe trotz seit 2020 zunehmender Versorgungsengpässe erst seit dem Herbst 2021 auf Wachstum. Während die konventionellen Agrarpreise für Druschfrüchte, Rindfleisch und Milch in 2021 schon lange stark stiegen, stagnierten die Öko-Erzeugerpreise. Zweitens wird der Ökolandbau in den nächsten Jahren durch die nationale Ausgestaltung der neuen EU-Agrarförderpolitik deutliche Einkommensverluste erleiden. Und drittens verunsichert die neue, ab Januar 2022 geltende EU-Öko-Gesetzgebung die Landwirte und wird den Ökolandbau komplizierter und teurer machen. Wichtige Produktionsregeln wurden erst zwei Wochen vor dem Inkrafttreten der neuen EU-Öko-Verordnung festgelegt. Besonders die marktseitig besonders prosperierende Öko-Geflügel- und Öko-Schweinehaltung wird ab Januar so erschwert werden, dass fraglich ist, ob hier noch Wachstum möglich sein wird.
Quelle: Deutscher Bauernverband e.V.
Veröffentlichungsdatum: 05. Januar 2022