Fabio Zanesco, Vertriebsleiter von VIP (Verband der Vinschgauer Produzenten für Obst und Gemüse), und Gerhard Eberhöfer, Verkaufsleiter Bio, über die aktuelle Marktlage und die Prognosen für die kommenden Monate.
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Die Vermarktung von Äpfeln in der Saison 2021-22 ist mit einer Reihe negativer Entwicklungen konfrontiert, welche die Absatzmöglichkeiten einschränken und sich stark auf die Rentabilität der Produktion auswirken. Seit den Prognosen von Prognosfruit im August 2021 und dann mit der Ernte im Herbst zeichnete sich klar ab, dass in dieser Saison erhebliche Mengen in Europa verfügbar sein werden, auf einem weit angespannteren Markt als in den letzten zwei Geschäftsjahren. Dies hat sich leider bewahrheitet. Das Vorhandensein von großen Mengen an kleinen Kalibern hat diese Apfelgröße bei den meisten Sorten unter Druck gesetzt. Eine Situation, die sich durch Logistikprobleme und anhaltende Exportschwierigkeiten immer weiter verschärfte.
In den letzten Monaten wirbelten zahlreiche geopolitische Faktoren den Markt auf und die Absatzmöglichkeiten für die europäische Produktion verringerten sich. Das Embargo für Lebensmittel aus Belarus ab dem 1. Januar 2022 und die Einführung neuer Zahlungsbedingungen in Ägypten (Akkreditivpflicht) einige Wochen später verlangsamten den Abbau der osteuropäischen Produktion. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine führte zu weiteren schwerwiegenden Herausforderungen in Bezug auf Logistik, Preise und Verfügbarkeit von Rohstoffen sowie zu einem mangelnden Vertrauen der Verbraucher in die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Ein Rückgang des Konsums war die Folge, um die Inflation auszugleichen. Insbesondere die steigenden Kosten wirken sich stark auf den Sektor aus. Die Produktion wird nicht in der Lage sein, die unvermeidlichen Erhöhungen vollständig aufzufangen, sondern muss sie zumindest teilweise auf den Handel und den Endverbraucher übertragen.
Auch wenn das Gesamtbild ungünstig ist, verläuft der Verkauf nach dem Abbauplan, der zu Saisonbeginn definiert wurde, mit unterschiedlicher Dynamik für die verschiedenen Sorten. „Bei der konventionellen Ware ist das Sortenbild diversifiziert und die allgemeine Entwicklung zeigt sich dynamisch – vor allem wenn man bedenkt, dass die Gala-Saison bereits vorbei ist. Aufgrund der Ereignisse der letzten Monate und des eingeschränkten Konsums sind wir einige Wochen im Rückstand. Aber wir rechnen damit, dass wir in der jetzigen Hochsaison und in den kommenden Monaten wieder aufholen können. Sicher ist, dass die mittleren Größen bei allen Sorten zufriedenstellend abschneiden. Für die kleine und zweite Kategorie befürchte ich jedoch, dass es nicht genügend Absatzmärkte für alle derzeit verfügbaren Äpfel gibt. Positiv ist sicherlich, dass voraussichtlich aufgrund der Logistikprobleme und der hohen Transportkosten weniger Äpfel von der Südhalbkugel nach Europa importiert werden. Wir stellen fest, dass sich unsere Kunden derzeit auf europäische Ware konzentrieren. Das eröffnet uns mehrere interessante Handelschancen. Außerhalb Europas entwickeln sich einige Exportdestinationen gut, wie z. B. Indien mit Red Delicious. Doch die meisten Märkte stagnieren und die hohen Logistikkosten führen häufig dazu, dass wir unsere Produkte nicht mehr transportieren können oder die Mengen stark reduzieren müssen.“
Für jene Apfelsorten, die hauptsächlich für den europäischen Markt bestimmt sind (zum Beispiel Pinova und Bonita) beginnen nun zwei interessante Monate. „Den Verkauf der wichtigsten Club-Äpfel Envy™, Ambrosia™ und die große Neuheit Cosmic Crisp® werden wir nun abschließen. Cosmic Crisp® haben wir Ende Februar erstmals auf den Markt gebracht und die erste Testphase auf den wichtigsten Märkten in dieser Saison durchlaufen. Kanzi® wird erwartungsgemäß noch bis Mitte Juni vermarktet werden. Bei den Club-Äpfeln war die Vermarktung zufriedenstellend, auch wenn der Markt teilweise durch ein Überangebot mit kleinen Größen überschwemmt wurde, die im Premium-Segment kaum Absatz finden. Der anspruchsvolle Verbraucher will einen perfekten Apfel, auch in Bezug auf die Größe. Obwohl der Geschmack ausschlaggebend sein sollte, stellen wir die Schwierigkeit fest, am oberen Ende der Preisskala neue Absatzmöglichkeiten zu finden. Wir müssen sicherlich besser an der Segmentierung arbeiten und unsere Kunden und Verbraucher stärker in unsere Sorteninnovationsprojekte einbinden."
Auf dem Biomarkt ergibt sich teilweise ein anderes Bild, obwohl die Schwierigkeiten, die sich auf den Konsum, die Kosten und den Vertrieb auswirken, dieselben sind. „Wir haben zum ersten Mal die wichtige Schwelle von 50.000 Tonnen Bio-Produktion überschritten“, erläutert der Verkaufsleiter Bio Gerhard Eberhöfer, „dies ist eine große Herausforderung, aber die derzeitigen Bedingungen am europäischen Biomarkt stimmen mich für die zweite Saisonhälfte verhalten optimistisch. Mehr als die Hälfte unserer Produktion wurde wie geplant bis Ende März verkauft. Abgesehen von Golden und Red Delicious, sind die Absatzpläne für die kommenden Monate höher als erwartet. Auch dank der geringen Ernte in Deutschland und in der Schweiz bleibt die Nachfrage weiterhin bestehen. Wir stellen auch eine positive Neuausrichtung der europäischen Einzelhändler fest: Sie setzen vermehrt auf Bio-Produkte aus Europa anstelle der Importe aus den Ländern der südlichen Hemisphäre. Vor einigen Tagen haben wir mit der Vermarktung von Topaz, Pinova und Bonita begonnen. Diese Sorten reservieren wir für das Frühjahr und den Sommer, um so Kontinuität und das richtige Produkt für die wärmeren Monate zu gewährleisten.“
„Wir arbeiten täglich daran, bis zur neuen Ernte die beste Qualität zu garantieren. Vor allem mittel- und langfristig auch durch die Auswahl von Sorten, die sich für die Lagerung bis August eignen“, so Eberhöfer. In diesem Zusammenhang liegt es auf der Hand, dass sich das Zeitfenster für die Vermarktung von Bioprodukten, die per Schiff aus weiter entfernten Ländern eingeführt werden, allmählich verkleinert. Stattdessen wird der Schwerpunkt auf lokale, regionale, nationale und europäische Produkte gelegt. „Der Bio-Markt segmentiert sich zunehmend und so führen wir auch innovative Äpfel wie SweeTango®, Kanzi®, envy™, Ambrosia™ und Cosmic Crisp® aus biologischem Anbau ein. Letzterer Sorte ist eine absolute Neuheit auf dem Biomarkt, wir beginnen die Vermarktung zu Ostern bei sehr wenigen ausgewählten Kunden, um dann in den nächsten Jahren schrittweise zu expandieren.“
Quelle: Val Venosta/VIP
Veröffentlichungsdatum: 04. Mai 2022