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LALLF: Viren und Bakterien in Pflanzkartoffeln?

„Die Untersuchungssaison ist beendet: In diesem Jahr sind seit Anfang August rund 2.100 Proben von insgesamt 306 verschiedenen Kartoffelsorten per PCR auf das Vorhandensein unterschiedlicher Krankheitserreger, untersucht worden“, sagt Dr. Peter Steinbach, Dezernatsleiter des „Phytopathologischen Labors“ im Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) am Standort in Gülzow.

Bildquelle: Shutterstock.com Kartoffel
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„Glücklicherweise gab es keinen Nachweis einer Quarantänekrankheit der Kartoffel wie Bakterielle Ringfäule oder Schleimkrankheit, die durch Bakterien verursacht werden“, resümiert er erleichtert. Anders als im Vorjahr wurde aber bei den Viruserkrankungen eine deutlich stärkere Belastung des Pflanzgutes festgestellt. „Man kann wieder von einem Virusjahr sprechen“, ergänzt der Experte.

Viren und Bakterien in "Nabelkeilchen"?

Nur was amtlich erfolgreich getestet wird, darf als anerkannte Pflanzkartoffel in MV in die Erde gelegt bzw. exportiert werden. Alle relevanten Parameter untersuchen die KollegInnen der Prüfstelle für Pflanzkartoffeln des LALLF mit neuesten Methoden. Diese Analysen sind hoheitliche Aufgaben des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Die vorgeschriebenen zahlreichen Beschaffenheitsparameter für Pflanzkartoffeln können heute Dank real-time PCR-Methodik mit einer einzigen Probenaufarbeitung des Kartoffel-Nabelgewebes bestimmt werden. Das sind häufig bis zu acht Viren, sieben Bakterien und ein Viroid. Darunter finden sich auch Quarantäneerreger, die eine ernst zu nehmende Gefahr für die Kartoffelproduktion darstellen können, wie z. B. die Erreger der beiden oben benannten bakteriellen Krankheiten. Für Exporte spielen auch die Nicht-Quarantäneschaderreger eine immer wichtigere Rolle, u.a. die Erreger der Zebrachip-Krankheit, der Stolburerkrankung oder der Spindelknollenkrankheit.

Wie funktioniert die Untersuchung? Am „unteren“ Ende der Kartoffelknolle sitzt ihr Nabel, an dem sie mit der Kartoffelpflanze verbunden war. Pro Tag wird in Gülzow hierfür an ca. 10.000 Knollen das Gewebe um den Nabel millimetergenau per Hand herausgeschnitten. „Denn an dieser Stelle liegt der Gefäßbündelring, in dem die von der Kartoffelpflanze in das Speicherorgan Knolle transportierten Erreger, Viren, Bakterien etc., in hoher Konzentration schlummern. Mit der Keimung im Frühjahr würden sie sich bei Vorhandensein in die Kartoffelpflanze verteilen“, weiß Steinbach.

Damit nicht jeder einzelne Schaderreger getrennt mit einer extra real-time PCR-Methode kosten- und zeitaufwändig untersucht werden muss, werden möglichst mehrere Erreger, wie z. B. alle sechs relevanten Kartoffelviren gleichzeitig bestimmt. Am Untersuchungsende erscheint am PC-Bildschirm eine spezifische Kurve, die besagt, ob ein Schaderreger vorhanden ist. Die Ergebnisse werden für die Zertifizierung des Pflanzgutes verwendet. „Das hat für den Kartoffelerzeuger entsprechende Konsequenzen. So kann bei Überschreiten der Virus-Höchstnormen die Nutzung als Pflanzgutpartie eingeschränkt und sogar untersagt werden“, so der Dezernatsleiter.

Letztendlich wird mit den Untersuchungen des LALLF auch die sogenannte Gesundlage für die Pflanzkartoffelerzeugung in MV geschützt. Neben guten Bodenbedingungen gibt es hier vor allem günstige natürliche, klimatische Gegebenheiten: Große zusammenhängende Anbaugebiete mit vergleichsweise niedrigen Jahresmitteltemperaturen und immer etwas Wind. Das führt zu einem geringeren Befall der Kartoffelbestände mit Virus übertragenden Blattläusen. Deutschlandweit gibt es keinen zweiten Standort, der diese hervorragenden Rahmenbedingungen für die Pflanzkartoffelerzeugung bietet.

Hintergrund
Anerkanntes Pflanzgut: Für jedes Vermehrungsvorhaben wird vom Züchter oder der Vertriebsorganisation im LALLF die amtliche Anerkennung beantragt. Das Antragsverfahren beinhaltet sowohl die mehrfache Prüfung der Feldbestände als auch die Kontrolle des Erntegutes. Hierbei werden die Knollen im Labor auf Viruskrankheiten und Quarantäneschaderreger überprüft.
In MV werden jährlich ca. 3.000 ha Pflanzkartoffeln angebaut. Auf ungefähr 70 % dieser Fläche stehen die höchsten und damit wertvollsten Anbaustufen der Vermehrungskartoffeln. Das erzeugte gesunde Kartoffelpflanzgut dient dann als Grundlage für die weitere Kartoffelvermehrung in großen Teilen Deutschlands, z. T. auch international.

Mit Hilfe der modernen Untersuchungsmethoden im LALLF können die Ergebnisse bereits ca. eine Woche nach Untersuchungsbeginn übermittelt werden. Vor Einführung der PCR-Methode für die Kartoffelviren im Jahre 2018 und ihrer Optimierung im Jahr 2020 dauerte es etwa sechs Wochen. Damit  wird wertvolle Zeit für die weitere Planung der Anbaustrategien gespart.

Quelle: LALLF

Veröffentlichungsdatum: 15. Dezember 2022